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Apotheken-Protesttag am 14. Juni: Hintergründe: Warum wird heute protestiert? 

Mit dem Tag der Apotheke am 7. Juni 2023 startet die Initiative „Gegen Zukunftsklau". Diese ist eine von mehreren Protestaktionen und ergänzt den bundesweiten Apotheken-Protesttag am 14. Juni 2023. | Bild: DAZ

Die Apotheken in Deutschland kämpfen nicht nur tagtäglich gegen Lieferengpässe, sondern leiden auch unter zunehmender Bürokratie, steigenden Energie- und Lohnkosten sowie einem seit Jahren stagnierenden Honorar. Hinzu kommen Retaxationen, also ganze oder teilweise Streichungen der Vergütung für bereits abgegebene Arzneimittel durch die gesetzlichen Krankenkassen.

Kaum verwunderlich also, dass die Zahl der Apotheken seit Jahren zurückgeht und der Mangel an Nachwuchs sich immer weiter zuspitzt. Die Apothekerschaft führt daher Protestaktionen gegen die aktuellen Entwicklungen der Gesundheitspolitik durch – jüngst mit der Initiative „Gegen Zukunftsklau“.

Gut zu wissen: Initiative „Gegen Zukunftsklau“

Bei der Initiative „Gegen Zukunftsklau“ agiert die Standesvertretung der Apothekerschaft Hand in Hand mit dem pharmazeutischen Nachwuchs. Durch persönliche Gespräche und Aktionen wollen die jungen Fachkräfte auf die bestehenden Missstände aufmerksam machen und die Politik dazu aufrufen, eine echte Zukunftsperspektive für die Arzneimittelversorgung zu schaffen. Start der Initiative war der Tag der Apotheke am 7. Juni 2023.

Heute, am 14. Juni 2023, ruft die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) zum bundesweiten Apotheken-Protesttag auf. Unter dem Motto „Gesundheit ist mehr wert als ein Dankeschön!“ möchten die Apothekenteams darauf aufmerksam machen, welchen unschätzbaren Beitrag ihre Arbeit zur Gesundheitsversorgung der Bevölkerung leistet.

Apotheken-Protesttag: Die Versorgung bleibt bestehen 

Als Zeichen des Protests bleiben daher heute viele Apotheken in ganz Deutschland geschlossen. Die Arzneimittelversorgung wird über die Notdienstapotheken aufrechterhalten.   

Durch Lieferengpässe, Personalnot und eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung habe die Bundesregierung den Protesttag provoziert, erklärt Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA. Indem die Probleme der öffentlichen Apotheken in Gesetzesvorhaben immer wieder übergangen werden, destabilisiere die Bundesregierung die Arzneimittelversorgung in Deutschland.

„Seit Monaten weisen wir in persönlichen Gesprächen, Interviews und PR-Kampagnen auf die brisante Lage hin. Die Apothekenteams retten jeden Tag Leben, in dem sie alternative Präparate für nicht verfügbare Arzneimittel beschaffen. Anstatt die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln über die Apotheken vor Ort zu stabilisieren, wird sie geschwächt. Jeden Tag müssen Apotheken schließen“, so Overwiening weiter. Auf diese und weitere Missstände wollen die Apotheken nun aufmerksam machen.

Die politischen Entscheidungen der letzten Jahre im Überblick

Bevölkerung für die Probleme der Apotheken sensibilisieren 

Der Protesttag soll jedoch nicht nur ein Signal an die Bundesregierung sein. Er soll auch dazu genutzt werden, die Bevölkerung auf die Probleme hinzuweisen, mit denen Apotheken täglich konfrontiert sind. Denn vielen Kunden ist nicht bewusst, in welcher wirtschaftlichen Situation sich die Apotheken befinden. 

In persönlichen Gesprächen, Aktionen und via Schaufenster-Dekoration möchte das Apothekenpersonal z. B. auf die nicht kostendeckende Vergütung ihrer Dienstleistungen sowie die zahlreichen bürokratischen Hürden und Einschränkungen aufmerksam machen. 

Außerdem soll die Bevölkerung dafür sensibilisiert werden, welche Konsequenzen zunehmende Lieferengpässe und Apothekenschließungen für die Gesundheitsversorgung eines jeden Einzelnen haben.

ABDA kritisiert Statement aus dem BMG 

Als Reaktion auf die Protestvorhaben der Apotheken hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) jüngst ein „Factsheet“ mit dem Titel „Situation der Apotheken 2023 – Auf einen Blick“ veröffentlicht. Darin betont das BMG den hohen Stellenwert der öffentlichen Apotheken und den regelmäßigen Austausch mit der Standesvertretung der Apothekerschaft zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Das Papier geht aber auch auf Themen wie Umsatzentwicklung, Apothekenhonorar, Apothekendichte und Lieferengpass-Krise ein.  

Präsidentin Overwiening kommentiert das Factsheet kritisch. Sie bemängelt, dass das BMG Umsatz und Ertrag verwechsele und die Kosten- und Investitionssituation der Apotheken nicht angemessen berücksichtige. Darüber hinaus kritisiert sie die Honorarkürzung nach der Pandemie und bezeichnet den vorgeschlagenen Zuschlag für das Lieferengpass-Management als unzureichend. 

Die ABDA-Präsidentin betont, dass der Protest der Apotheken gerechtfertigt ist und dass die Leistungen der Apotheken nicht weiter missachtet werden dürfen. Sie fordert mehr Freiheit für die pharmazeutische Expertise, weniger Bürokratie und eine deutliche Anpassung des Fixhonorars. 

Die vollständigen politischen Forderungen der Apothekerschaft hat die ABDA in einem Forderungskatalog zusammengetragen. Diese sind: 

  1. Erhöhung des Fixums in der Arzneimittelpreisverordnung
  2. Regelung zur indexierten Erhöhung des Fixums
  3. Einführung einer zusätzlichen regelmäßigen Pauschale für jede Betriebsstätte
  4. Handlungsfreiheit für Apotheken für die schnelle Patientenversorgung
  5. Reduzierung von Retaxationsverfahren auf das sachlich gebotene Maß
  6. Engpass-Ausgleich
  7. Beseitigung der finanziellen Risiken aus dem Inkasso des Herstellerrabattes für die Krankenkassen
  8. Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Arzt-Apotheker-Kooperation beim Medikationsmanagement
  9. Einschränkung des Präqualifizierungsverfahrens
  10. Einzelmaßnahmen zum Bürokratieabbau

Protest wichtig für die Zukunft der PTA 

Auch für PTA ist der Apotheken-Protesttag von großer Bedeutung. Denn wie die Apothekengewerkschaft Adexa betont, hängen die Spielräume für künftige Tarifverhandlungen – und damit höhere Gehälter – direkt von einer zeitgemäßen Honorierung der Apotheken ab.

5 Gründe, warum auch PTA protestieren

  • Zeitgemäße und leistungsgerechte Löhne sind nur möglich, wenn auch das Apothekenhonorar entsprechend angepasst wird.
  • Nur wenn Apotheken flächendeckend erhalten bleiben, sind wohnortnahe Arbeitsplätze möglich.
  • Die gesellschaftliche Anerkennung der Apotheke als wichtige Institution in der Gesundheitsversorgung steigert auch die Wertschätzung des PTA-Berufs.
  • Weniger Bürokratie und die Vermeidung von Lieferengpässen reduzieren den Stress bei der Arbeit und es wird mehr Zeit für die eigentliche Kernaufgabe – die pharmazeutische Beratung – gewonnen. Dadurch steigt auch die Zufriedenheit im Job.
  • Bessere Rahmenbedingungen machen den PTA-Beruf für den Nachwuchs interessanter. Das wirkt dem Personalmangel entgegen und mehr Kollegen bedeuten weniger Arbeitsbelastung für den Einzelnen.