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So können Eltern ihre Kinder vor RSV schützen: RSV: Antikörper Nirsevimab zur Prävention?

Kleinkind wird mit Atemmaske beatmet
Wie können Eltern ihre Kinder vor einer RSV-Infektion schützen? | Bild: komokvm / AdobeStock

Wer derzeit schwanger ist oder vor Kurzem ein Kind zur Welt gebracht hat, wird sich mit Blick auf die vergangene RSV-Saison fragen, ob und wie Babys künftig besser vor RSV geschützt werden können. 

Manche dürften hoffnungsvoll die Nachrichten gelesen haben, dass im Juli ein erster RSV-Impfstoff für Schwangere zur Zulassung empfohlen wurde. Doch noch ist die tatsächliche Zulassung nicht erteilt, eine Markteinführung vor der kommenden RSV-Saison fraglich und eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), wem der neue Impfstoff schließlich verabreicht werden sollte, steht noch ausQuelle: Moll D. RSV-Impfstoff für Schwangere zur Zulassung empfohlen. DAZ.online 24.07.2023, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/07/24/rsv-impfstoff-fuer-schwangere-zur-zulassung-empfohlen  .

Zur Erinnerung: Wer kann sich mit RSV anstecken?

Mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) kann man sich in jedem Alter infizieren, jedoch ist das RS-Virus einer der wichtigsten Erreger von Atemwegserkrankungen bei Säuglingen und Frühgeborenen.  

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass RSV für jährlich mehr als 30 Millionen Infektionen der unteren Atemwege bei Kleinkindern verantwortlich zeichnet, wovon drei Millionen Kinder schwer erkranken (Krankenhausbehandlung). RSV sei die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte bei Kindern unter fünf Jahren.  

Zu den Risikopatienten zählt das Robert Koch-Institut (RKI) insbesondere Frühgeborene, Neugeborene, junge Säuglinge und Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen, aber auch generell Menschen mit Immunschwäche oder unterdrücktem Immunsystem.

Antikörper Nirsevimab zur Vorbeugung einer RSV-Infektion

Das lenkt die Hoffnung mancher Eltern vermutlich auf den neuen Antikörper Nirsevimab. Dieser ist bereits seit vergangenem Jahr in Europa zugelassen, aber noch nicht auf dem Markt. 

Unter dem Handelsnamen Beyfortus® ist er als einmalige Injektion indiziert und zwar zur Vorbeugung von RSV-Infektionen bei Neugeborenen und Säuglingen während der ersten RSV-Saison. 

Anders als der RSV-Antikörper Palivizumab (Synagis®), der schon länger im Handel ist, ist Nirsevimab nicht nur für Kinder mit erhöhtem Risiko für eine schwere RSV-Infektion zugelassen. Palivizumab muss zudem anders als Nirsevimab einmal im Monat während der RSV-Saison verabreicht werdenQuelle: Moll D. EMA empfiehlt Zulassung von Nirsevimab zur RSV-Prävention bei Babys. DAZ.online 10.10.2022, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/10/10/ema-empfiehlt-zulassung-von-nirsevimab-zur-rsv-praevention-bei-babys  .

USA: Empfehlung von Nirsevimab für alle Säuglinge

In den USA empfehlen nun die „Centers for Disease Control and Prevention“ (CDC) ab diesem Herbst Nirsevimab für alle Säuglinge unter acht Monaten. Zudem sollen auch jüngere Kleinkinder (acht bis 19 Monate) mit einem erhöhten Risiko für schwere RSV-Erkrankungen damit immunisiert werden. 

In einer Mitteilung der CDC heißt es: „Nirsevimab wird voraussichtlich in diesem Herbst verfügbar sein. Werdende Eltern und Eltern von Säuglingen unter acht Monaten sowie von älteren Babys sollten mit ihrem Arzt sprechen und nach diesem zusätzlichen Schutz gegen RSV für diese Saison fragen.“Quelle:

Centers for Disease Control and Prevention (CDC). CDC Recommends a Powerful New Tool to Protect Infants from the Leading Cause of Hospitalization. Pressemitteilung vom 03.08.2023

Sanofi. Press Release: U.S. CDC Advisory Committee unanimously recommends routine use of Beyfortus™ (nirsevimab-alip) to protect infants against RSV disease. Pressemitteilung vom 03.08.2023
 

Nirsevimab ab September in Deutschland verfügbar

Diese Entwicklungen hat die Redaktion von „Tagesspiegel Background“ offenbar zum Anlass genommen, nachzuhaken, wann Eltern in Deutschland mit dem Einsatz von Nirsevimab rechnen können. Demnach soll Nirsevimab zwar am 1. September dieses Jahres hierzulande auf den Markt kommen, eine Empfehlung für dessen Einsatz lässt jedoch noch auf sich warten.  

Laut „Tagesspiegel Background“ wird die Ständige Impfkommission (STIKO) vor 2024 nicht darüber entscheiden können, ob Nirsevimab in der Breite eingesetzt werden sollte. Die STIKO entwickle laut Robert Koch-Institut (RKI) aktuell ein Modell, „um die am besten geeignete Präventionsstrategie zu identifizieren“. 

Sollten Eltern dennoch eine Immunisierung ihrer Kinder mit Nirsevimab wünschen, führt „Tagesspiegel Background“ aus, müssen sie den Antikörper in der Folge ab September „zunächst aus eigener Tasche“ bezahlen.

Empfehlung der STIKO für Nirsevimab steht noch aus

Lässt sich die STIKO – im Vergleich zur CDC – mit ihrer Empfehlung zu viel Zeit? Professor Johannes Liese, Infektionsexperte und Fachbereichsleiter der Kinderklinik Uni Würzburg, der aktuell die Überarbeitung einer S2k-Leitlinie zu RSV koordiniert, sieht das zumindest nicht so. 

Er warnt laut „Tagesspiegel Background“ vor einer vorschnellen Entscheidung, die dann für alle Neugeborenen gelte. „Ich verstehe alle Eltern, die jetzt sagen, sie wollen einen RSV-Schutz für ihre Kinder“, so Liese. Doch in der Prävention müsse man gute, abgewogene Entscheidungen treffen, um die Menschen langfristig mitzunehmen.  

Damit müssen sich Eltern in Deutschland also noch etwas gedulden, wenn sie auf neue präventive Arzneimittel und eindeutige Empfehlungen für die kommende RSV-Saison gehofft haben. Für pädiatrische Risikopatienten gibt es wie bereits erwähnt Empfehlungen, die derzeit überarbeitet werdenQuellen:

„Tagesspiegel Background“ Gesundheit & E-Health. RSV-Prophylaxe: Warum die STIKO hadert. Newsletter vom 07.08.2023

S2k-Leitlinie Prophylaxe von schweren Erkrankungen durch Respiratory Syncytial Virus (RSV) bei Risikokindern, Stand 31.08.2018, gültig bis 30.08.2023
register.awmf.org/de/leitlinien/detail/048-012
 

Präventive RSV-Maßnahmen für Babys laut RKI:

„Bislang ist kein Impfstoff zur aktiven Immunisierung zugelassen.

Zur passiven Immunisierung steht für pädiatrische Risikopatienten ein gegen das F-Protein des RSV-Virus gerichteter monoklonaler Antikörper (Palivizumab) zur Verfügung. Das Präparat ist während der RSV-Saison monatlich i.m. zu applizieren. Die Schutzwirkung beginnt mit der Verabreichung der ersten Dosis, erreicht aber erst nach der zweiten Dosis ihr Wirkmaximum. Die pädiatrischen Fachgesellschaften empfehlen das Präparat bislang nur für ausgewählte Risikogruppen (s. AMWF-Leitlinie 048/012). Es gibt keine spezifische Chemoprophylaxe.

[…] Eine gänzliche Vermeidung von RSV-Infektionen im Alltag ist schwierig. Das Einhalten von Hygieneregeln im öffentlichen Leben und innerhalb der Familie kann die Ausbreitung von RSV-Infektionen minimieren. Hierzu gehören regelmäßiges Händewaschen, hygienisches Husten und Niesen sowie die Reinigung eventuell kontaminierter Gegenstände wie Kinderspielzeug (eine Übersicht bietet http://www.wir-gegen-viren.de). […]“Quelle:
RKI-Ratgeber. Respiratorische Synzytial-Virus-Infektionen (RSV). Stand: 06.02.2018, www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_RSV.html
 

Stand: 06.02.2018