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Schlafstörungen: Wenn das Gehirn Alarm schlägt

Frau liegt schlaflos im Bett
Bei Menschen mit Schlafstörungen ist das limbische System auch im Schlaf aktiv. | Bild: amenic181 / AdobeStock

Etwa 6 von 100 Menschen haben Ein- oder Durchschlafprobleme. Treten die Beschwerden dreimal pro Woche über einen Monat lang auf, sprechen Fachleute von einer Schlafstörung (Insomnie).  

Die Ursachen von Schlafstörungen können sehr individuell sein und sind nicht immer medizinisch eindeutig zu diagnostizieren. Häufig haben Menschen mit Insomnie den Eindruck, dass sie besonders wenig schlafen.  

Diese subjektive Schlafdauer lässt sich jedoch nicht immer objektiv messen, wie Forscher in Freiburg festgestellt haben. Tatsächlich zeigte sich in einer Studie, dass Menschen mit Insomnie im Schnitt kaum kürzer schlafen als gute Schläfer. Woher kommen dann die Schlafprobleme?

Mehr REM-Schlaf bei Insomnie

Um dies herauszufinden, haben die Wissenschaftler in einer retrospektiven Studie die Schlaflabor-Daten von 100 Personen ausgewertet. Das Ergebnis: Je länger eine Person glaubte, in der Nacht wach gelegen zu haben, desto mehr Zeit hatte sie im REM-Schlaf verbracht. Das betraf vor allem Teilnehmer mit diagnostizierter Insomnie.

Gut zu wissen: Was ist der REM-Schlaf?

Der REM-Schlaf gehört zu einer der fünf Schlafphasen des Menschen, die durch schnelle Augenbewegungen (REM – Rapid Eye Movement) gekennzeichnet ist. In dieser Phase finden die meisten Träume statt. Die Muskelaktivität ist stark vermindert, wobei einzelne Muskelgruppen unwillkürlich zucken können. Herzschlag und Atemfrequenz sind dagegen leicht erhöht.

Die REM-Schlafphase ist die letzte Phase im Schlafzyklus. Die Gehirnströme sind hier wieder aktiver und ähneln dem Wachzustand. In welcher Schlafphase sich ein Mensch befindet, messen Forscher mithilfe der Elektroenzephalografie (EEG). Diese kann jedoch nur die Aktivitäten der oberflächlichen Hirnbereiche erfassen. 

Aktivitäten tieferer Hirnstrukturen wie im limbischen System können mittels EEG nur gemessen werden, wenn diese neuronale Auswirkungen auf den Kortex (Hirnrinde) haben.

Alarmsystem bei Insomnie besonders aktiv

Teile des limbischen Systems sind zusammen mit anderen Regionen im Gehirn unter anderem dafür zuständig, den Körper zu alarmieren, wenn eine Bedrohung wahrgenommen wird. Menschen mit Schlafstörungen neigen eher zu einer solchen Alarmhaltung.

Nun wird vermutet, dass ihr Körper das Nicht-schlafen-Können oder die Erwartung dessen als Bedrohung wahrnimmt. Demnach könnten die zuständigen Bereiche im Gehirn hochaktiv sein, während die Großhirnrinde schläft.

Um diese Theorie zu überprüfen, haben Freiburger Forscher eine Untersuchung durchgeführt. Insgesamt 100 Personen, darunter 50 mit Schlafstörungen, wurden zwei Nächte lang im Schlaf durchgehend in jeder Schlafphase Gitarrentöne vorgespielt. Währenddessen wurden ihre Hirnaktivitäten per EEG gemessen.  

Insomniker halten sich häufiger für schlaflos

Die Messungen zeigten, dass während des REM-Schlafs die elektrischen Aktivitätsmuster bei Menschen mit Insomnie verändert waren im Vergleich zu guten Schläfern. Sie haben die Gitarrentöne also anders verarbeitet.  

Demnach scheint insbesondere der REM-Schlaf bei Insomnikern anfällig für sensorische Afferenzen zu sein, schlussfolgerten die Forscher. Das ohnehin bei Menschen mit Schlafstörungen sehr empfängliche Alarmsystem scheint auch im Schlaf jede kleine Störung wahrzunehmen. Infolgedessen könnte bei den Betroffenen der Eindruck entstehen, sie hätten nicht geschlafen, sondern wären wach gewesen.

Empfohlene Therapie bei Schlafproblemen

Auf Grundlage dieser Ergebnisse empfehlen die Forscher, bei starken Schlafproblemen eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) in Anspruch zu nehmen. Dies deckt sich auch mit den Empfehlungen der S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen.

Zur Erinnerung: Was ist eine kognitive Verhaltenstherapie?

Die kognitive Verhaltenstherapie ist eine etablierte und wissenschaftlich gut untersuchte Form der Psychotherapie. Sie folgt der Annahme, dass jedes Verhalten erlernt, aufrechterhalten und auch wieder verlernt werden kann, wobei unter Verhalten auch innere Vorgänge wie Gefühle und Gedanken einzuordnen sind. /sn

Viele Menschen mit Schlafstörungen machen sich schon tagsüber Sorgen, dass sie nachts nicht werden schlafen können. Doch je mehr Sorgen man sich macht, desto schlechter wird man schlafen. Im Rahmen einer KVT lernen Insomniker unter anderem Maßnahmen zur Schlafhygiene und Verhaltensweisen, um diesem Teufelskreis zu entkommen und den Schlaf zu verbessernQuelle: https://www.spektrum.de/news/schlafstoerungen-schlechte-schlaefer-traeumen-vom-gruebeln/2192979