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Leichter schwanger mittels Biosensor-Ring?

FRau hält Smartphone hoch mit Kalender über den weiblichen Zyklus
Mittels eines Biosensor-Rings sollen über den Schweiß die fruchtbaren Tage übers Smartphone angezeigt werden. | Bild: inessa / AdobeStock

Familienplanung: Wann sind die fruchtbaren Tage und die Chance am größten, schwanger zu werden? Bereits Körpertemperatur, die Konsistenz des Zervixschleims und die Veränderungen des Muttermundes liefern Hinweise, wann der Eisprung stattfindet. Sicher wünscht sich jedoch manche Frau, die mit der Methode der natürlichen Familienplanung (NFP) verhütet oder versucht schwanger zu werden, ein einfacheres Prozedere als das frühmorgendliche Messen der Körpertemperatur, die Analyse der Spinnbarkeit des Zervixschleims und Tastbefunde vom Muttermund. Ist der Schweiß die Lösung?

Estradiol im Schweiß messen

In der Tat haben Wissenschaftler von der privaten Spitzenuniversität „California Institute of Technology“„Caltech“; Technische Hochschule Kalifornien  in Pasadena einen Biosensor-Ring entwickelt, der die Konzentration des weiblichen Sexualhormons Estradiol im Schweiß der Frau detektiert. 

Gelingt es mittels des Rings, die Estradiolspiegel im Schweiß der Frau zuverlässig und in Echtzeit zu bestimmen und korrelieren diese sodann auch mit den Estradiolwerten im Blut, könnte dies Verhütung und Familienplanung vereinfachen. Insbesondere bei der Familienplanung könnte der Biosensor-Ring invasive Bluttests zur Bestimmung von Estradiol irgendwann vielleicht überflüssig machen.

Zur Erinnerung: Wie wirkt Estradiol?

Estradiol beeinflusst den weiblichen Zyklus wesentlich. Das Sexualhormon steigt in der ersten Zyklushälfte. Es fördert den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium), öffnet den Gebärmutterkanal und verflüssigt den Zervixschleim. Kurz vor dem Eisprung (Ovulation) erreicht der Estradiolspiegel ein Maximum, und der Abfall der Estradiolspiegel sowie der Peak von FSH (Follikelstimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) lösen den Eisprung aus. Der Eileiter nimmt die Eizelle auf, dort kann sie innerhalb von 24 Stunden befruchtet werden. 

Will eine Frau schwanger werden, können sie und ihr Partner folglich die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhen, wenn sie um die Estradiolwerte und die fruchtbaren Tage wissen und in diesem Zeitfenster Geschlechtsverkehr haben.

Wie funktioniert der Biosensor?

Die Wissenschaftler setzten bei ihrem Biosensor auf sogenannte Aptamere – kleine Einzelstrang-DNA- oder RNA-Stücke, die so gebaut sind, dass sie kleine Moleküle binden können. Aptamere sind deutlich kleiner als Antikörper (die häufig in Biosensoren eingesetzt werden) und ähnlich spezifisch. Anders als Antikörper lassen sich Aptamere chemisch synthetisieren. 

Aptamere werden bereits genutzt, um Serotonin- oder Cortisolspiegel zu bestimmen. Als Arzneimittel ist beispielsweise Pegaptanib zugelassen, ein Antagonist des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors VEGF, bei feuchter altersbedingter Makuladegeneration.

Der Biosensor besteht aus zwei Schichten:

  • Einem Aptamer (einzelsträngige mit dem Farbstoff Methylenblau markierte DNA), das Estradiol erkennt und
  • einer Gold-Nanopartikel-Elektrode, die elektrische Signale verstärkt.

Steckt man sich den Biosensor-Ring an den Finger, kurbelt dieser die Schweißproduktion durch einen kleinen Strom an. Der Schweiß wird in ein Reservoir gesaugt, und die Aptamere geben sodann die mit Methylenblau markierte DNA im Austausch mit Estradiol aus dem Schweiß frei – diese wiederum binden an komplementäre Stränge auf der Elektrode, die über die Farbkonzentration des Methylenblaus den Messwert für Estradiol bestimmt.

Biosensor misst zusätzlich Hauttemperatur, pH-Wert und Salzkonzentration

Die Wissenschaftler experimentierten zunächst mit künstlichem Schweiß. Der von ihnen entwickelte Biosensor detektierte Estradiol innerhalb von zehn Minuten und in Konzentrationen bis 140 Nanomol, also etwa der Untergrenze von Estradiol im menschlichen Schweiß. Darüber hinaus misst der Ring auch die Hauttemperatur, den pH-Wert und die Salzkonzentration des Schweißes und kann die Hormonmessung direkt am Mobiltelefon anzeigen lassen.

Estradiol im Blut und Schweiß korrelieren

Nach dem Test mit künstlichem Schweiß prüften die Wissenschaftler ihren Biosensor-Ring an fünf Probandinnen, die damit ihren Zyklus überwachten. Zwei Frauen ließen parallel ihre Estradiolwerte im Blut bestimmen, um zu überprüfen, ob die im Schweiß vom Ring detektierten Estradiolwerte überhaupt mit den im Blut vorhandenen Werten korrelieren. 

Und in der Tat stiegen und fielen die Estradiolwerte im Schweiß und Blut nach den erwarteten Mustern, was den Ring – trotz der kleinen Probandenzahl – zu einem vielversprechenden künftigen Tool macht. Allerdings müsste der Ring zusätzlich an weiteren Frauen getestet werden, um mögliche individuelle Einflüsse des Körpers auf die Messwerte herauszufinden.

Biosensoren für Estradiol, FSH, LH und Progesteron

Wei Gao, Wissenschaftler am Caltech und Co-Autor der Studie, möchte nun Biosensoren entwickeln, die nicht nur Estradiol detektieren, sondern gleichzeitig mehrere Hormone messen – FSH, LH und Progesteron –, liest man im Fachjournal „Nature“, in dem die Studie„Wearable biosensor measures fertility hormones in sweat“  publiziert wurde. Und: Gao arbeite bereits daran, Biosensoren auf Schweißbasis zu vermarkten.