In der Apotheke werden PTA mit den unterschiedlichsten Themen konfrontiert. Lesen Sie hier die tagesaktuellen News aus den Bereichen Pharmazie, Forschung, Ernährung, Gesundheit und vielem mehr. Bleiben Sie informiert, um Ihre Kunden stets kompetent zu beraten.
6-Methylnicotin: Ist „Nicotin-freies“ Vapen gesundheitsschädlich?

Vapen liegt im Trend und gilt als weniger gesundheitsschädlich als das Rauchen von Zigaretten. Beim Vapen wird der Dampf aus einer E-Zigarette oder einem Verdampfer inhaliert, eine Verbrennung wie beim Tabakrauch findet nicht statt. Tatsächlich werden dabei keine krebserzeugenden aromatischen Kohlenwasserstoffe oder Giftstoffe wie Kohlenmonoxid oder Blausäure erzeugt.
Doch auch das Einatmen der verdampfenden Flüssigkeiten wie Propylenglycol oder Glycerol, Kräuter sowie verschiedener Aromazusätze gelten als gesundheitsschädlich. Zudem können dabei auch möglicherweise krebserzeugende Substanzen wie Formaldehyd oder Acetaldehyd entstehen.
Wie eine normale Zigarette enthalten auch E-Zigaretten normalerweise Nicotin – erlaubt ist eine maximale Konzentration von 20 mg/ml. In letzter Zeit tauchen allerdings immer mehr inhalative Produkte auf dem Markt auf, die als „nicotinfrei“ beworben werden.
Als Ersatz für Nicotin ist beispielsweise in NoNic® oder Spreebar® die Substanz 6-Methylnicotin enthalten. Diese soll laut Angaben der Hersteller ähnlich wie Nicotin wirken, jedoch keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Sogar zur Raucherentwöhnung sollen die Produkte geeignet sein. Damit soll bewusst der Eindruck von Harmlosigkeit erweckt werden.
Nicotin: erhöht Herzfrequenz und vermindert Appetit
Bekanntermaßen kommt Nicotin hauptsächlich in der Tabakpflanze vor, dort wird es in der Wurzel gebildet und dann vorwiegend in die Blätter transportiert. Der Nicotingehalt der Blätter beträgt je nach Tabaksorte zwischen 0,05 % bis 10 %. Die Pflanze synthetisiert die giftige Verbindung im Übrigen zur Abwehr von Fressfeinden.
Gut zu wissen: Nicotin als Schädlingsbekämpfungsmittel
Lange Zeit wurde Nicotin in Form eines Pflanzenextrakts als Insektizid verwendet. Die Substanz stört dabei wichtige Funktionen im zentralen Nervensystem der Insekten. Aufgrund der Toxizität von Nicotin auch für den Menschen wird mittlerweile auf den Einsatz der Verbindung zur Schädlingsbekämpfung verzichtet.
Beim Menschen stimuliert Nicotin Acetylcholin-Rezeptoren, die sowohl im Zentralnervensystem als auch im vegetativen Nervensystem vorkommen. Niedrige Dosen führen zu Blutdrucksteigerung, Zunahme der Herzfrequenz, verstärkten Magensaftsekretion und Unterdrückung des Hungergefühls.
Zudem wird vermehrt der Neurotransmitter Dopamin ausgeschüttet, der angenehme Empfindungen auslöst und damit das Verlangen nach erneutem Zigarettenkonsum hervorruft. Nicht umsonst zählt Nicotin weltweit zu den bedeutsamsten abhängig machenden Stoffen.
Beim Rauchen von Zigaretten oder E-Zigaretten wird Nicotin inhalativ aufgenommen, es kann aber auch durch orale oder dermale Applikation in den Körper gelangen. Nach der Inhalation von Zigarettenrauch kann die lipophile Verbindung innerhalb von zehn bis 20 Sekunden die Blut-Hirn-Schranke überwinden.
Hohe Dosen Nicotin führen zu Vergiftungen
In höherer Dosierung werden die entsprechenden Rezeptoren durch Nicotin desensibilisiert und es treten gegenteilige Effekte auf: Der Blutdruck nimmt langanhaltend ab, der Herzschlag verlangsamt sich und es können Übelkeit und Erbrechen auftreten.
Vergiftungen mit Nicotin können zu Krämpfen, Atemlähmung und im schlimmsten Fall zu einem Herzstillstand führen.
Gut zu wissen: Tödliche Dosis von Nicotin
Bis vor wenigen Jahren galt die Annahme, dass eine Dosis von 40 mg bis 60 mg Nicotin für Erwachsene tödlich sein kann. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass die tatsächliche letale Dosis bei oraler Aufnahme eher im Bereich 500 mg liegt.
In einer Zigarette sind zwischen 8 mg und 20 mg Nicotin enthalten, die Menge ist nicht standardisiert und unterscheidet sich je nach Marke. Beim Rauchen wird ohnehin nur ein kleiner Teil des Nicotins vom Körper aufgenommen, der Hauptanteil geht in die Luft der Umgebung über.
Zu einer Vergiftung mit Nicotin kommt es meist durch Verschlucken von Zigaretten, E-Zigaretten-Liquids oder Beuteln mit Nicotin.
Nicotin und 6-Methylnicotin im Vergleich
Nicotin gehört zu den Alkaloiden, es handelt sich also um einen stickstoffhaltigen Naturstoff mit physiologischer Wirkung. Chemisch gesehen besteht die Substanz aus zwei miteinander verbundenen Ringen aus Pyridin und Pyrrolidin.
6-Methylnicotin ist dagegen keine natürlich vorkommende Substanz, sondern wurde im chemischen Labor entwickelt.

Genau wie Nicotin kann auch 6-Methylnicotin an die Acetylcholin-Rezeptoren im menschlichen Organismus binden. Es besitzt dabei eine gleichstarke oder möglicherweise sogar stärkere Affinität zu den Rezeptoren. Die Wirkung auf den Organismus sowie das Suchtpotenzial dürften dabei vergleichbar sein.
Zur Toxikologie von 6-Methylnicotin sind bisher nur Daten aus Zellkulturen bekannt. Dort wurde beobachtet, dass der thermische Abbau von 6-Methylnicotin in E-Zigaretten sogar mehr reaktive Sauerstoffverbindungen erzeugt als beim Verdampfen von Nicotin. Auch die zellschädigende Wirkung auf menschliche Zellen war deutlich größer als die von Abbauprodukten von Nicotin. Hinsichtlich der Toxizität sind sicherlich noch weitere Untersuchungen nötig.
Um eine harmlose Substanz handelt es sich bei 6-Methylnicotin jedoch keinesfalls.
6-Methylnicotin nicht zum Rauchausstieg geeignet
E-Zigaretten mit 6-Methylnicotin sind ebenso wie normale E-Zigaretten auch nicht zur Raucherentwöhnung geeignet.
Wer mit dem Rauchen aufhören will, sollte in der Apotheke vielmehr zu Nicotinersatzprodukten wie Kaugummis oder Pflastern beraten werden. Auch eine medikamentöse Unterstützung durch Einnahme der rezeptpflichtigen Substanzen Vareniclin oder Bupropion kann erwogen werden.
Grundsätzlich steigert eine gleichzeitig durchgeführte Verhaltenstherapie den Erfolg deutlich. Quellen:
- https://www.at-schweiz.ch/de/at-blog/6-methylnikotin/
- https://www.bfr.bund.de/cm/343/gesundheitliche-bewertung-von-nikotinbeuteln-nikotinpouches.pdf
- https://www.zm-online.de/news/detail/tabakkonzerne-umgehen-regulierungen-mit-nikotinanaloga
- https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/nicotin/46384
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2025/09/08/nicotin-freies-vapen-ist-nicht-gesuender