COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
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Erst AstraZeneca oder erst Biontech?: Heterolog impfen – aber wie?

Im Vordergrund je 3 Vials mit Astrazeneca und Comirnaty, dahinter unzählige weitere Vials
Ein Impfschema bei heterologen Impfserien zeigt eine besonders hohe Wirksamkeit. | Bild: IMAGO / ZUMA Press

Schützt eine gemischte Impfserie mit dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca und der mRNA-Vakzine von Biontech/Pfizer möglicherweise besser vor COVID-19, als wenn man zweimal den gleichen Impfstoff impft? Dieser Frage geht die Com-CoV-Studie an der Universität Oxford nach. Insgesamt wurden 830 Teilnehmer rekrutiert, davon sollten 463 ihre Impfungen im Abstand von 28 Tagen, 367 im Abstand von zwölf Wochen erhalten. Com-CoV untersucht dabei vier Szenarien: Die Impfserien umfassten entweder je 

  • zwei Dosen Vaxzevria®,
  • eine erste Dosis Vaxzevria® gefolgt von Comirnaty®,
  • zwei Dosen Comirnaty® oder
  • eine erste Dosis Comirnaty® gefolgt von Vaxzevria®.

Von den 463 Teilnehmern der 28-Tage-Impfabstandgruppe nahmen zwei Teilnehmer ihre Zweitimpfung nicht in Anspruch. Die Teilnehmer waren hier im Mittel 57 Jahre alt, knapp die Hälfte (46 Prozent; 212 Teilnehmer) waren weiblich und jeder Vierte (117 Teilnehmer) gehörte einer ethnischen Minderheit an. 

Mehr Nebenwirkungen nach gemischter Impfung

Erste Daten zur Verträglichkeit gaben die Wissenschaftler bereits im Mai bekannt. Heterologe Impfserien schienen vor allem mehr systemische Nebenwirkungen zu verursachen. Positiv war jedoch: Alle unerwünschten Impfwirkungen waren nur von kurzer Dauer und keiner der Geimpften musste deswegen im Krankenhaus behandelt werden. Doch wie sieht es mit der Impfwirksamkeit aus? Diese Daten sind nun da – veröffentlicht als Preprint, das heißt: Eine unabhängige wissenschaftliche Begutachtung steht noch aus. Doch bereits aus dem Preprint lässt sich ableiten, dass es eine Rolle zu spielen scheint, wie eine heterologe Impfserie aufgebaut ist: Wird zuerst mit AstraZeneca geimpft oder zuerst mit Biontech/Pfizer? 

Als Ziel der Studie – als primären Endpunkt – definierten die Wissenschaftler die Nichtunterlegenheit der gemischten Impfung zur homologen Impfserie rein mit dem Erstimpfstoff. Das bedeutet: Eine Impfung mit AstraZeneca und anschließend Biontech/Pfizer musste mindestens so wirksam sein wie zwei Dosen AstraZeneca. Und eine Impfserie aus Biontech/Pfizer und als Zweitdosis AstraZeneca durfte nicht weniger wirksam sein als zwei Dosen Biontech/Pfizer. Die Wirksamkeit bestimmten die Wissenschaftler anhand der Menge neutralisierender Antikörper gegen das Spikeprotein von SARS-CoV-2, die nach den Impfungen vorhanden waren. Allerdings erreichte nur ein Impfschema in Com-CoV dieses Ziel. 

Heterologe Impfserien: Höhere Antikörperspiegel als nach Zweifach-AstraZeneca-Impfung

Erhielten die Teilnehmer als erste Dosis die AstraZeneca-Vakzine Vaxzevria® und nach 28 Tagen eine zweite Dosis mit Comirnaty® von Biontech/Pfizer, lag die Antikörperkonzentration deutlich – etwa neunfach – höher (12.906 ELU/ml; ELU=Elisa-Units) als nach zweifacher Vaxzevria®-Impfung (1.392 ELU/ml). „Diese Ergebnisse zeigen, dass das AstraZeneca/Biontech-Schema nicht nur nicht unterlegen war, sondern dem AstraZeneca/AstraZeneca-Schema statistisch überlegen“, ordnen die Wissenschaftler ein. 

Anders sah es bei umgekehrter Impfreihenfolge aus: Wurde zuerst mit dem mRNA-Impfstoff geimpft und anschließend mit dem Vektorimpfstoff, hatten diese Teilnehmer etwa halb so hohe Antikörperkonzentrationen  (7.133 ELU/ml) wie nach zweifacher Biontech-Impfung (14.080 ELU/ml). In diesem Punkt wurde das Studienziel nicht erreicht, und die heterologe Impfserie aus Biontech/AstraZeneca war der doppelten Biontech-Impfung unterlegen.

Höchste Antikörperspiegel nach zweifacher Biontech-Impfung

Auffällig ist: Die geringste Antikörperantwort löste eine zweifache Vaxzevria®-Impfung aus, die höchste eine zweifache Biontech-Impfung. Die gemischten Impfserien bewegen sich bei den auf die Impfungen produzierten Antikörpern zwischen diesen beiden Extremen, wobei die Impfserie Vaxzevria®/Comirnaty® noch höhere Antikörperspiegel erreichte als die Impfserie Comirnaty®/Vaxzevria®. Dennoch scheint der mRNA-Vakzine eine wichtige Bedeutung zuzukommen, denn alle Impfschemata, die mindestens eine Dosis Comirnaty® enthielten, wirkten immunogener als eine – zugelassene – reine Zweifachimpfung mit Vaxzevria®.

Beste T-Zell-Antwort nach Biontech/AstraZeneca-Impfung

Eine wichtige Rolle bei der Immunantwort spielt neben den neutralisierenden Antikörpern auch die zelluläre Immunantwort. Auch hier schnitten die Impfserien, die mindestens eine Dosis Comirnaty® umfassten, besser ab als eine reine AstraZeneca-Impfung. Jedoch lag hier nicht – ungleich zu den Antikörperspiegeln – eine doppelte Biontech-Impfung vorn. Am meisten stimulierte das Impfschema Comirnaty® gefolgt von Vaxzevria® die T-Zellen, die auf das Antigen, also das SARS-CoV-2-Spikeprotein, ansprechen: „Biontech/AstraZeneca zeigte 28 Tage nach dem Boost die größte Expansion der auf das Impfstoffantigen ansprechenden T-Zellen“, schreiben die Wissenschaftler.

Heterologe Impfserien auch „hochwirksam“

Welchen Schluss ziehen die Wissenschaftler nun aus den Ergebnissen dieser Studie? Selbst wenn die Impfkombination aus Biontech/AstraZeneca den Endpunkt der Studie nicht erreichte, zeigten die Daten doch, dass heterologe Impfserien wirken, finden sie: Alle Antikörperantworten waren höher als nach zweifacher AstraZeneca-Impfung. Und dieses Impfschema sei zugelassen, weil es in früheren zulassungsrelevanten Studien bereits belegen konnte, dass es vor COVID-19 schützt und Krankenhausaufenthalte verhindert. Die Wissenschaftler machen die Impfwirksamkeit an der Antikörperantwort fest – der Zusammenhang sei „etabliert“ und somit deuteten die Studienergebnisse von Com-CoV darauf hin, dass „die beiden heterologen Schemata in dieser Studie wahrscheinlich ebenfalls hochwirksam sind und unter bestimmten Umständen für nationale Impfprogramme in Betracht gezogen werden könnten“, erklären sie.

Welche Schwächen hat die Studie?

Manche Punkte könnten das Studienergebnis beeinflusst und verzerrt haben, sodass es nicht uneingeschränkt und allgemeingültig ist. Die Wissenschaftler geben zu bedenken, dass die Studie sehr klein war und sich aus so wenigen Teilnehmern keine Impfwirksamkeit ableiten lässt. Auch habe man die Antikörperkonzentrationen mit der Impfwirksamkeit gleichgesetzt, doch sei keine Grenze für Antikörperkonzentrationen bekannt, der es bedarf, um COVID-19 zu verhindern. Zudem waren keine jüngeren Menschen eingeschlossen – wie sieht die Antikörperbildung bei ihnen aus und wie gut vertragen sie die Impfung? 

Die Wissenschaftler überlegen auch, warum die zweifache Vaxzevria®-Impfung am schlechtesten abschnitt – war der Impfabstand mit 28 Tagen zu kurz? Immerhin rät die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu einem Impfabstand von 8 bis 12 Wochen, und es gebe Hinweise, dass ein längerer Impfabstand bei zweifacher AstraZeneca-Impfung zu einer besseren Antikörperantwort führe. Diese Frage könnte bald schon beantwortet werden: Com-CoV hat einen zweiten Studienarm mit einem Impfabstand von 84 Tagen.

Gute Wirksamkeiten bei gemischter Impfung auch in anderen Studien gefunden

Auch andere Studien haben bereits Hinweise auf eine gute Wirksamkeit von gemischten Impfserien geliefert. Die Saarländische Studie zeigte eine „besonders deutliche Immunantwort bei der Impfstoffkombination von AstraZeneca und Biontech“: Zweimal mit Biontech oder heterolog mit AstraZeneca/Biontech Geimpfte bildeten zehnfach mehr Antikörper gegen SARS-CoV-2 als Studienteilnehmer, die zweimal mit AstraZeneca geimpft worden waren. Anders als in Com-CoV hatte bei der neutralisierenden Antikörperantwort jedoch die heterologe Impfserie die Nase vorn – bei Com-CoV war es die Zweifach-Biontech-Impfung.  

CombivacS ist eine weitere Studie, die der Wirksamkeit von gemischten Impfserien nachforscht. Auch hier fanden spanische Wissenschaftler, dass eine heterologe Impfserie zu robusten Antikörpertitern führt und dass nach der Zweitdosis mit Comirnaty® die neutralisierenden Antikörpertiter um das Siebenfache stiegen und höher waren als bei homologen Impfserien. Eine Schwäche von CombivacS ist allerdings, dass die Wissenschaftler in dieser Studie keine homologen Impfserien direkt mit heterologen Impfserien verglichen haben – die Kontrollgruppe erhielt keine Zweitimpfung – sodass sie die Ergebnisse nur mit Daten aus anderen Studien vergleichen konnten. 

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