COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
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Neue Studienergebnisse: Wie gut schützt Comirnaty® Jugendliche vor COVID-19?

Spritze wird mit Vial Comirnaty aufgezogen
Die Studienautoren geben die Impfwirksamkeit von Corminaty® bei 12- bis 15-Jährigen mit 100 Prozent an. | Bild: IMAGO / Sven Simon

Comirnaty® ist der erste Impfstoff für Jugendliche in der EU. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hatte sich am Freitag (28. Mai 2021) dafür ausgesprochen, die bedingte Zulassung der mRNA-Vakzine für ab 12-Jährige zu erweitern. Sie stütze ihre positive Einschätzung auf eine von Biontech/Pfizer durchgeführte Studie, deren Ergebnisse vor wenigen Tagen im Fachjournal „New England Journal of Medicine„Safety, Immunogenicity, and Efficacy of the BNT162b2 Covid-19 Vaccine in Adolescents“  publiziert wurden.

Die Studie

In dieser noch laufenden placebokontrollierten und beobachterverblindeten Studie wurden 2.260 Jugendliche aus den USA im Alter von 12 bis 15 Jahren in zwei Gruppen aufgeteilt (randomisiert): 1.131 Jugendliche erhielten den Biontech/Pfizer-Impfstoff (Dosierung: 30 μg) im Abstand von 21 Tagen, 1.129 erhielten stattdessen Kochsalz-Injektionen (Placebo). Die Teilnehmer mussten gesund oder bei einer bestehenden Vorerkrankung in einem stabilen Stadium sein (Hepatitis B/C oder HIV-Infektion). Ausgeschlossen waren Jugendliche mit einer früheren SARS-CoV-2-Infektion oder COVID-19-Impfung oder wenn sie an einer Immunschwäche litten beziehungsweise immunsupprimierende Therapien (Zytostatika, Glucocorticoide) erhielten. 

Die Wissenschaftler hinter der Studie verglichen innerhalb der Alterskohorte der 12- bis 15-Jährigen Wirksamkeit und Sicherheit der Impfung mit Placebo. Zusätzlich interessierten sie sich dafür, wie sicher und immunogen (Antikörperantwort) Comirnaty® bei 12- bis 15-Jährigen im Vergleich zu einer älteren Kohorte von 16- bis 25-Jährigen ist (Nichtunterlegenheit) – Ergebnisse von älteren Probanden liegen aus einer früheren Studie vor. 

97 Prozent der 12- bis 15-Jährigen erhielten zwei Dosen. In der Comirnaty®-Gruppe stiegen nach der ersten Dosis sieben Probanden aus, in der Placebogruppe waren es zwölf. Der häufigste Grund war, dass die Probanden die Einschlusskriterien (u. a. keine frühere SARS-CoV-2-Infektion) nicht erfüllten. Laut den Wissenschaftlern waren 5 Prozent der Teilnehmer zum Studienbeginn (Baseline) SARS-CoV-2-positiv, möglicherweise aufgrund einer vorherigen asymptomatischen Infektion. Stichtag der Datenauswertung war der 31. März 2021.

Impfwirksamkeit bei Jugendlichen 100 Prozent

1.983 der 12- bis 15-jährigen Teilnehmer, bei denen kein Hinweis auf eine frühere SARS-CoV-2-Infektion vorlag und die beide Dosen erhielten, wurden ausgewertet: Bei keinem der mit Comirnaty® geimpften Jugendlichen konnte COVID-19 nachgewiesen werden, in der Placebogruppe traten 16 Fälle auf (mindestens sieben Tage nach der zweiten Dosis). Die Studienautoren geben die Impfstoffwirksamkeit mit 100 Prozent an. Wurden mehr Teilnehmer (2.229) ausgewertet – auch diejenigen, bei denen Hinweise auf eine frühere SARS-CoV-2-Infektion vorlagen –, war die Wirksamkeit des Impfstoffes unverändert und vergleichbar mit der ersten Analyse: 100 Prozent. Auch hier erkrankte kein mit Comirnaty® Geimpfter an COVID-19, in der Placebogruppe kam es zu 18 Fällen.

Antikörperantwort bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Hinweise auf eine gute Wirksamkeit der Impfung liefern auch die Antikörperantworten. Betrachtet man die mittleren Titer neutralisierender Antikörper, so lagen diese bei 12- bis 15-Jährigen deutlich höher als bei 16- bis 25-Jährigen: Ein Monat nach der zweiten Dosis lag der Antikörpertiter bei den 12- bis 15-jährigen Jugendlichen bei 1.283 und bei den 16- bis 25-Jährigen bei 730,8 (nach Placeboinjektionen: 15,1 und 10,7). Ausgewertet wurden alle Teilnehmer unabhängig von früheren serologischen Nachweisen einer SARS-CoV-2-Infektion. Die Wissenschaftler schreiben: „Die Immunantwort auf BNT162b2 bei 12- bis 15-jährigen Jugendlichen war der bei 16- bis 25-jährigen jungen Erwachsenen beobachteten nicht unterlegen.“ Es gebe sogar Hinweise auf ein größeres Ansprechen bei Jugendlichen als bei jungen Erwachsenen.

Welche Nebenwirkungen traten auf?

Den Wissenschaftlern zufolge waren die lokalen und systemischen Nebenwirkungen in beiden Altersgruppen vergleichbar. Die Geimpften berichteten häufiger über unerwünschte Ereignisse als Placeboempfänger. Die Nebenwirkungen waren meist leichter bis moderater Natur und klangen in der Regel innerhalb von ein bis zwei Tagen ab. Die am häufigsten berichtete lokale Nebenwirkung war Schmerz an der Injektionsstelle: 86 Prozent nach der ersten Dosis Comirnaty®, 79 Prozent nach der zweiten (Placebo: 23 Prozent nach der ersten Gabe, 18 Prozent nach der zweiten). Bei den älteren Probanden hatten in der früheren Studie 83 Prozent nach der ersten und 78 Prozent nach der zweiten Impfung Schmerzen an der Injektionsstelle als unerwünschte Reaktion beschrieben. Schwere Schmerzen berichteten 1,5 Prozent der geimpften 12- bis 15-Jährigen, keiner der Placeboempfänger und 3,4 Prozent der 16- bis 25-Jährigen.

Vor allem Kopfschmerzen und Müdigkeit

Zu den häufigsten systemischen Ereignissen zählten in beiden Alterskohorten Kopfschmerzen – 55 Prozent bei den 12- bis 15-Jährigen, 54 Prozent bei den 16- bis 25-Jährigen – und Müdigkeit (je 60 Prozent) nach der ersten Dosis. Nach der zweiten Dosis stieg der Anteil der Probanden mit Müdigkeit (je 66 Prozent) und Kopfschmerzen (65 Prozent bei den 12- bis 15-Jährigen und 61 Prozent bei den 16- bis 25-Jährigen) an. Fieber, definiert als oral gemessene Körpertemperatur ≥ 38 °C, trat nach der zweiten Dosis Comirnaty® bei 20 Prozent der 12- bis 15-jährigen Empfänger und bei 17 Prozent der 16- bis 25-Jährigen auf. Auch griffen die 12- bis 15-Jährigen mit 37 Prozent (erste Dosis) und 51 Prozent (zweite Dosis) häufiger zu fiebersenkenden Arzneimitteln als die älteren Teilnehmern (32 Prozent nach Dosis 1 und 46 Prozent nach Dosis 2). Nur ein Teilnehmer (0,1 Prozent) der 12- bis 15-jährigen Gruppe entwickelte Fieber über 40 °C. Es wurden keine Thrombosen, Überempfindlichkeitsreaktionen oder impfstoffbedingte Anaphylaxien beobachtet. Grundsätzlich vertrugen Teilnehmer, die zu Beginn der Studie SARS-CoV-2-positiv waren, die Impfung gleich gut wie SARS-CoV-2-negative Teilnehmer.

Schwächen der Studie

Die Wissenschaftler räumen einige Schwächen der Studie ein. So waren die Teilnehmer bei Auswertung nur einen Monat nach der zweiten Impfung nachbeobachtet worden – Langzeitdaten zur Sicherheit fehlten. Auch findet die Studie mit den 12- bis 15-jährigen Teilnehmern ausschließlich in den Vereinigten Staaten statt, was die Vielfalt der Teilnehmer hinsichtlich Herkunft und Ethnizität einschränke. Im Gegensatz dazu war die Untersuchung an jungen Erwachsenen global ausgelegt. Allerdings, so die Studienautoren, sei die Impfwirksamkeit in der früheren Studie bei älteren Teilnehmern in allen Ethnizitäten stabil gewesen, sodass auch bei den jüngeren Teilnehmern nun von einer guten Impfwirksamkeit unabhängig von der Ethnie ausgegangen werden könne. Zudem sage die Studie nichts darüber aus, ob Comirnaty® eine asymptomatische Infektion oder die Übertragung von SARS-CoV-2 bei Jugendlichen verhindere.

Was sagen die Autoren zur generellen Impfung von Kindern?

Den Wissenschaftlern zufolge bringt die Impfung von Jugendlichen „wahrscheinlich“ einen direkten Nutzen hinsichtlich der COVID-19-Vorbeugung in dieser Altersgruppe und auch einen indirekten für die Gesellschaft. Obwohl Kinder im Allgemeinen eine geringere Belastung durch symptomatisches COVID-19 als Erwachsene hätten, könnten Schulen, Jugendsport und andere freundschaftliche Treffen eine wichtige Quelle für SARS-CoV-2-Übertragungen darstellen – auch wenn Erwachsene geimpft seien. „Die Impfung von Jugendlichen wird es ihnen ermöglichen, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren und sicher zu lernen, was angesichts der schweren psychischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf diese Gruppe besonders wichtig ist“, finden die Studienautoren. Angesichts der beobachteten Immunogenität und Wirksamkeit sei es wahrscheinlich, dass die Impfung auch asymptomatische Infektionen bei Kindern verhindere und so den Schutz der Gemeinschaft erweitere. Die Studie wurde von Biontech/Pfizer unterstützt.

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