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„Yasminelle“-Klägerin verliert Prozess

Die Klägerin konnte nicht zweifelsfrei nachweisen, dass ihr lebensbedrohlicher Zustand von der Verhütungspille „Yasminelle“ herrührt. | Bild: dianaduda / AdobeStock

„Ich bin sehr enttäuscht“, sagte die aus dem Ortenaukreis stammende Frau. „Damit habe ich nicht gerechnet.“ Vieles sei unsicher und unklar geblieben. Auch hätte sie sich ein weiteres Gutachten zu ihrem Fall gewünscht. Sie werde das Urteil gemeinsam mit ihrem Anwalt genau prüfen. „Dann entscheiden wir, wie es weitergeht.“

2009 erlitt die damals 25-jährige Felicitas Rohrer eine beidseitige Lungenembolie und musste aufgrund eines Kreislaufzusammenbruchs mit Herzstillstand reanimiert werden. Die Frau macht das Verhütungsmittel Yasminelle® mit dem Wirkstoff Drospirenon für dieses Ereignis verantwortlich. Bis heute leidet sie eigenen Angaben zufolge an den körperlichen und psychischen Folgen. In ihrem Beruf als Tierärztin kann sie deswegen nicht arbeiten, wie sie erklärt. 

Gut zu wissen:

Unter einer Lungenembolie versteht man einen Gefäßverschluss im Bereich der Lunge. Im Gegensatz zu einer Thrombose entsteht das verschließende Blutgerinnsel (Thrombus) jedoch nicht vor Ort, sondern wird aus anderen Körperarealen – vor allem Bein- und Beckenvenen - eingeschwemmt. Aufgrund der dadurch entstehenden Mangelversorgung mit Sauerstoff, sind auch andere Organe von den Folgen betroffen. Gleichzeitig muss die rechte Herzkammer mehr Druck aufbauen um entgegen des Widerstandes dennoch Blut in Richtung Lunge zu fördern. Die Kombination aus mangelnder Sauerstoffversorgung und erhöhter Belastung des Herzens können zu einem Herzstillstand führen. ns 

Landgericht wies Klage ab

Da die Packungsbeilage aus dem Jahr 2009 nicht auf dieses Risiko verwies, zog Rohrer 2011 gegen den Pharmakonzern Bayer vor Gericht. Sie forderte Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 200.000 Euro. Bayer wies die Forderungen zurück und sah für eine Einigung keine Grundlage.

Nach jahrelangem schriftlichen Austausch der Beteiligten und mehreren Gutachten blieben dennoch viele Fragen offen, weshalb das Landgericht Waldshut-Tiengen 2018 schließlich zu einem Vergleich riet und die Klage abwies. 

OLG bestätigt Urteil des Landgerichts

Felicitas Rohrer legte gegen das Urteil Berufung ein. Der Fall habe grundsätzliche Bedeutung, sagte ihr Rechtsanwalt Martin Jensch. Damit wanderte der Fall vor das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe. 

Doch das OLG wies die Berufungsklage gegen Bayer ab. Der Klägerin sei nicht der Nachweis gelungen, dass die Einnahme des Präparates Ursache für ihren lebensgefährlichen Zusammenbruch vor zwölf Jahren war. Für das lebensgefährliche Blutgerinnsel könnten nach Einschätzung des OLG aber auch Langstreckenflüge der Klägerin Monate vor dem Zusammenbruch verantwortlich sein. Das habe auch der angehörte Sachverständige so gesehen. Eine Revision ließ das OLG nicht zu (Az. 14 U 19/19). Quelle: dpa / mia 

Die Verhütungspille „Yasminelle“

Das Präparat gehört zu den Verhütungspillen der sogenannten vierten Generation, die immer wieder wegen erhöhter Thrombose-Risiken in der Kritik stehen. Bayer betonte im Prozess erneut das positive Nutzen-Risiko-Profil von niedrig dosierten kombinierten oralen Kontrazeptiva wie „Yasminelle“. 

In den USA hat Bayer wegen Drospirenon-haltigen Präparaten bereits hohe Vergleichszahlungen leisten müssen. 10.600 Anspruchstellerinnen erhielten dort wegen Erkrankungen infolge von venösen Blutgerinnseln insgesamt rund 2,1 Milliarden US-Dollar, wie das Leverkusener Unternehmen Anfang Mai mitteilte. Eine Haftung sei aber nicht anerkannt worden. 

Außerhalb der USA und Kanada sind noch „weniger als zehn Verfahren“ anhängig. Zwei davon – der Fall aus Baden-Württemberg und ein Fall aus Bayern – spielen sich in Deutschland ab. Im bayrischen Fall gehe es aber um das Verhütungspräparat „Yasmin“.