Heimische Hülsenfrüchte
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Die Körnererbse kommt zu neuen Ehren

Die Erbse ist reich an Nährstoffen und kann vielfältig eingesetzt werden. | Bild: denio109 / AdobeStock

Besucht man im Juli oder August den Wochenmarkt, kann man ein köstliches heimisches Gemüse kaufen: frische Erbsen. Bei den Markerbsen löst man die grünen Körner aus der Hülse und verwendet diese. Zuckererbsen können dagegen als ganze Hülsen verzehrt werden, denn ihnen fehlt die zähe Pergamentschicht. 

Eine wirtschaftlich weitaus größere Bedeutung als die Gemüseerbsen haben jedoch die gelben oder graugrünen Trockenerbsen – auch als Körnererbsen, Pal- oder Ackererbsen bezeichnet. Es handelt sich bei ihnen um die ausgereiften Samen verschiedenster Sorten der Gartenerbse Pisum sativum. Das grüne Gemüse stellt dagegen die unreifen Samen oder Hülsen diverser Sorten dieser Pflanze dar.

Eiweiß, Stärke und mehr

Gemüse- und Körnererbsen unterscheiden sich erheblich in ihrer Nährstoffzusammensetzung. Denn mit zunehmender Reife nehmen in den rundlichen Samen sowohl der Eiweiß- wie auch der Stärkegehalt stark zu. 

Körnererbsen enthalten bis zu 25 Prozent Eiweiß, das eine günstige Zusammensetzung besitzt. Insbesondere ist es reich an der essenziellen Aminosäure Lysin. Damit stellt Erbsenprotein eine passende Ergänzung etwa zu Getreide dar, das Lysin-arm ist. Die schwefelhaltigen Aminosäuren Cystein und Methionin kommen dagegen im Erbseneiweiß nur in geringen Mengen vor. Erbsenprotein ist gut löslich und leicht verdaulich, außerdem kaum allergieauslösend. 

Körnererbsen haben zudem einen hohen Stärkeanteil von über 40 Prozent, wobei die Amylose dominiert. Hierdurch und aufgrund der enthaltenen Ballaststoffe weisen die Samen einen niedrigen glykämischen Index auf und wirken sich deshalb günstig auf den Glukosestoffwechsel aus. 

Der Fettgehalt der kleinen Körner ist hingegen mit circa zwei Prozent gering – im Gegensatz etwa zur Sojabohne. Erbsen liefern obendrein B-Vitamine und Vitamin E sowie einige Mineralstoffe, vor allem Kalium, Magnesium, Calcium, Eisen und Zink. Lösliche Ballaststoffe, die präbiotisch wirken, können sich günstig auf das Darmmilieu auswirken. 

Konkurrenz für Soja

Wegen ihres Nährstoffreichtums sind Körnererbsen ein gefragtes landwirtschaftliches Erzeugnis – als Tierfutter und zunehmend in der Humanernährung. Dabei verwendet man nicht nur die getrockneten Samen als Ganzes – geschält oder ungeschält – als Nahrungsmittel zum Kochen. Auch einzelne Fraktionen werden genutzt. 

So verarbeitet die Lebensmittelindustrie das Erbsenprotein zu pflanzlichen Fleischalternativen. Im Handel gibt es verschiedene Fertigprodukte wie Geschnetzeltes, Schnitzel, Hack oder Burger aus Erbsenprotein. Sie bieten sich alternativ zu Sojaprodukten an, etwa bei einer Soja-Allergie. 

Als Milchersatz sind auch bereits Pflanzendrinks aus Erbsenprotein auf dem Markt. Das Erbseneiweiß findet sich außerdem in Proteinriegeln und Sportlernahrung. Auch beim Backen wird Erbsenprotein genutzt, zum Beispiel um Brot mit Eiweiß anzureichern. Darüber hinaus werden die Backwaren dadurch saftiger, da das Hülsenfruchtmehl mehr Wasser aufnimmt als Getreidemehl. Aus Erbsenmehl lassen sich glutenfreie Low-Carb-Teigwaren herstellen. 

Für Glasnudeln und Verpackungsmaterial

Auch aus Erbsenstärke lassen sich Lebensmittel herstellen, zum Beispiel Glasnudeln. Erbsenstärke wird zum Beispiel für Süßwaren und Instantgerichte verwendet. Ebenfalls im Nonfood-Bereich ist Erbsenstärke gefragt, denn aus ihr lassen sich Verpackungsmaterialien und biogene Kunststoffe gewinnen. Außerdem dient die Stärke dazu, Papier reißfester zu machen. 

Verträglich durch Einweichen und Kochen

Wie auch andere Leguminosen-Früchte enthalten Erbsen im rohen Zustand antinutritive Substanzen („Antinährstoffe“), die unverträglich sind und die Nährstoffaufnahme behindern. Zu nennen sind hier vor allem Phytinsäure, Oxalat und je nach Erbsensorte auch Tannine, die jeweils Komplexe mit Mineralstoffen bilden. 

Neben den unerwünschten Wirkungen werden aber der Phytinsäure auch mögliche gesundheitsfördernde Eigenschaften wie blutzucker- und cholesterinsenkende Effekte nachgesagt. Erbsen enthalten außerdem eine gewisse Menge an Protease-Inhibitoren, die hemmend auf Verdauungsenzyme wirken. 

Durch Schälen, Einweichen und Kochen nimmt der Gehalt an antinutritiven Substanzen deutlich ab. Auch die Menge an unverdaulichen Kohlenhydraten wie Raffinose und Stachyose, die Blähungen verursachen können, verringert sich beim Einweichen sowie durchs Schälen. 

Da Erbsen im Gegensatz zu Bohnen und anderen Hülsenfrüchten nur geringe Mengen der toxischen Lektine enthalten, darf man frische Erbsen in ganz kleinen Mengen auch roh naschen.

Erbsenanbau – ökologisch wertvoll

Früher gehörte die Erbse zu den wichtigsten Feldfrüchten in Deutschland. Ihr Anbau ist hier in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen und findet derzeit vor allem in Sachsen-Anhalt statt. 

Es gibt aber Bestrebungen, die Erbse wieder stärker auf heimische Äcker zu bringen. Dafür sprechen auch ökologische Gründe, denn wie andere Leguminosen (Hülsenfrüchtler) verbessert die Pflanze den Boden und ermöglicht den Verzicht auf Mineraldünger. Dafür sorgen Bakterien in ihren Wurzelknöllchen, die den Luftstickstoff binden. 

Anspruchsvolle Erbsenpflanze

Die Erbsenpflanze Pisum sativum (Familie Fabaceae, Schmetterlingsblütler) mit ihrer eher schwachen Pfahlwurzel benötigt tiefgründige, humushaltige Böden und genügend Wasser. Die Pflanze besitzt keine selbsttragende Achse. Sie sucht deshalb mit ihren verzweigten Ranken, die an den Enden der Fiederblätter stehen, an anderen Pflanzen oder Stützen Halt.

Aus ihren meist weißen Schmetterlingsblüten entwickeln sich die drei bis zehn Zentimeter langen, aufgeblähten Hülsen. Sie enthalten jeweils circa vier bis acht Samen. Die Wildform unserer heutigen Kulturerbsen stammt wahrscheinlich aus dem Mittelmeerraum und Mittelasien. Quellen: UFOP Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V.; Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE); Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE); R. Lieberei, C. Reisdorff: Nutzpflanzenkunde, Thieme 2007  

Körnererbse in Kürze

  • Botanik: Pisum sativum (Fabaceae); einjährige krautige Kletterpflanze, Fiederblätter enden in einer Ranke, Samen = Erbsen in Hülsen
  • Herkunft: ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und Mittelasien; Anbau vor allem in Kanada und Russland; zurückgegangener Anbau in Deutschland soll wiederbelebt werden
  • Besondere Inhaltsstoffe: hohe Nährstoffdichte, v. a. hoher Eiweiß- und Stärkegehalt, Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe; aber auch antinutritive Substanzen wie Phytinsäure, Oxalat, Protease-Inhibitoren
  • Ernährungsphysiologischer Nutzen: hochwertiges, leicht verdauliches, allergenarmes Eiweiß (hoher Lysin-Gehalt), niedriger glykämischer Index, gut sättigend; evtl. zusätzliche Gesundheitseffekte (z. B. Blutzucker- und Cholesterinsenkung, präbiotisch wirksam)
  • Risiken: antinutritive Substanzen, z. B. Phytinsäure (durch Verarbeitung stark reduziert), Blähungen durch unverdauliche Kohlenhydrate
  • Verwendung: für Tier- und Humanernährung; Erbsenprotein für vegane Ernährung (Fleischersatz) und Sportlernahrung, Alternative zu Sojaprodukten, Erbsenstärke für Glasnudeln, Süßwaren, Instantprodukte
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