Impfungen
Wissen Sie, wo Ihr Impfausweis liegt? Viele von Ihren Patienten müssen über diese Frage wahrscheinlich länger nachdenken. Denn wenn nichts Besonderes passiert, sind Impfungen oft kein Thema mehr. Aber auch Erwachsenen wird empfohlen, ihren Impfschutz regelmäßig prüfen zu lassen. Welche Standard-Impfungen die Ständige Impfkommission (STIKO) für welches Alter empfiehlt, vor welchen Krankheiten diese schützen und was Sie sonst noch darüber wissen sollten, erfahren Sie in unserer Serie „Impfungen im Kurzportrait“.
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Haemophilus influenzae: Aktuelles zur Impfung

Im Bett liegende Frau blickt auf ein Fieberthermometer
Der Hib-Erreger verursacht fieberhafte Infektionen des Nasen-Rachen-Raums mit Mittelohr-, Nasennebenhöhlen- und Lungenentzündung. | Bild: StockPhotoPro / AdobeStock

Haemophilus influenzae Typ b – kurz Hib – ist vielen Menschen heutzutage gar kein Begriff mehr. Dies ist positiv zu bewerten, denn es spricht für den Erfolg der Hib-Impfung, die in Deutschland im Jahr 1990 als Standardimpfung für Säuglinge eingeführt wurde.

Seit Oktober 2024 wird jedoch in Hamburg ein Ausbruch von invasiven Hib-Infektionen unter Erwachsenen beobachtet. Deshalb hat die Ständige Impfkommission (STIKO) ihre Empfehlungen Anfang August 2025 um neue Indikationsimpfungen erweitert.

Gefährliche invasive Haemophilus-influenzae-Infektion

Auch wenn es der Name vermuten lassen könnte: Mit Influenza-Viren steht die Haemophilus-influenzae-Erkrankung nicht in Zusammenhang. Vielmehr ist der Erreger dieser Infektionskrankheit das Bakterium Haemophilus influenzae Typ b.

Es wird vor allem durch Tröpfcheninfektion übertragen und kann nach einer Inkubationszeit von zwei bis fünf Tagen zum Krankheitsausbruch führen. Der Hib-Erreger verursacht fieberhafte Infektionen des Nasen-Rachen-Raums mit Mittelohr-, Nasennebenhöhlen- und Lungenentzündung. 

Gefürchtet sind invasive Krankheitsverläufe, bei denen das Hib-Bakterium in den restlichen Körper eindringt und schwerwiegende Hirnhautentzündungen mit bleibenden Behinderungen hervorrufen kann. Auch eine mit Erstickungsgefahr verbundene Kehlkopfdeckelentzündung kann bei einer Hib-Infektion auftreten.

Hib-Impfung für Säuglinge und Kleinkinder

Die größte Hib-Infektionsgefahr besteht für Säuglinge und Kleinkinder. Sie sollten daher so früh wie möglich geimpft werden. 

Gemäß Standardimpfempfehlung der STIKO beginnt die Hib-Impfserie zur Grundimmunisierung im Alter von zwei Monaten, in der Regel mit Kombinationsimpfstoffen. 

Bei der Impfung gegen Haemophilus influenzae Typ b handelt es sich um eine aktive Immunisierung gegen ein Oberflächenantigen – ein Polysaccharid – des Hib-Bakteriums. Die Impfung ist meist gut verträglich. An Nebenwirkungen können vor allem Reizbarkeit, Erbrechen und Fieber auftreten.  

Neben einer Monovakzine (Hiberix) stehen die üblicherweise verwendeten Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung: zum Beispiel Fünffachimpfstoffe mit zusätzlichem Schutz gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten und Polio (Infanrix-IPV+Hib, Pentavac, Pentaxim) oder Sechsfachimpfstoffe mit zusätzlichem Hepatitis-B-Schutz (Hexacima, Hexyon, Infanrix hexa, Vaxelis).

Neue Indikationsempfehlung für die Haemophilus-influenzae-Impfung 

Wurde eine Impfung nach dem fünften Geburtstag bisher vor allem für Personen mit fehlender oder nicht funktionstüchtiger Milz empfohlen, so hat die STIKO ihre Indikationsimpfempfehlung aufgrund des Hib-Ausbruchs in Hamburg jetzt stark erweitert.

Mit einer Einzeldosis sollen nun alle Personen ab fünf Jahren geimpft werden, die ein erhöhtes Risiko für invasive Hib-Erkrankungen im Rahmen eines Ausbruchsgeschehens haben.

Ein Risiko sehen die STIKO-Experten beispielsweise 

  • in Drogenkonsum,
  • prekärer Wohnsituation beziehungsweise Wohnungslosigkeit,
  • chronischer Leber- oder Nierenerkrankung und
  • Mangelernährung.

Drogenkonsumenten und/oder Wohnungslose waren von den Infektionen in Hamburg betroffen.

Ein Ausbruchsgeschehen liegt laut STIKO vor, wenn zwei oder mehr Erkrankungen innerhalb einer Kindereinrichtung (z. B. Kita oder Schulklasse) oder in einer Gemeinschaftsunterkunft (z. B. Kaserne, Flüchtlingsheim, Gefängnis) auftreten – oder wenn zwei oder mehr Erkrankungen binnen drei Monaten in einer regional und demografisch begrenzten Bevölkerungsgruppe (z. B. Wohnungslose zwischen 18 und 64 Jahren in Stadt XY) auftreten.  

STIKO-Impfempfehlungen zu Haemophilus influenzae

Standardimpfempfehlung:

  • alle Säuglinge/Kleinkinder ab zwei Monaten
  • fehlende Impfungen bis zum fünften Geburtstag nachholen

 Indikationsimpfempfehlung:

  • Personen ab fünf Jahren mit fehlender oder nicht funktionierender Milz (Asplenie)
  • Personen mit erhöhtem Risiko für invasive Hib-Erkrankungen während eines Ausbruchs (z. B. durch Drogenkonsum, prekäre Wohnsituation, Wohnungslosigkeit, chronische Leber- oder Nierenerkrankung, Mangelernährung)

Impfschema: Wie soll gegen Hib geimpft werden?

Seit 2020 empfiehlt die STIKO bei Verwendung eines 6-fach-Impfstoffs bei reifgeborenen Säuglingen das von 3+1 auf 2+1 reduzierte Impfschema mit drei Dosen im Alter von zwei, vier und elf Monaten.

Frühgeborene (Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche) sollen aufgrund des noch nicht ausgereiften Immunsystems die 6-fach-Impfung weiterhin nach dem früher empfohlenen 3+1-Impfschema mit zusätzlicher Dosis im Alter von drei Monaten erhalten.

Bisher ungeimpfte Kinder bis fünf Jahre sowie die oben genannten Risikogruppen ab fünf Jahren erhalten eine Einfachdosis mit dem monovalenten Impfstoff Hiberix. Oder sie holen gleich eine eventuell fehlende oder unvollständige Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Polio und Hepatitis B mit einer Einzeldosis der genannten Mehrfachimpfstoffe nach.  

Hib-Postexpositionsprophylaxe für Risikogruppen

Nicht nur für die Indikationsimpfung, sondern auch für die Postexpositionsprophylaxe hat die STIKO neue Empfehlungen veröffentlicht.  

Nach einem direkten Kontakt mit einem erkrankten Menschen sollen neben Kindern unter fünf Jahren und immundefizienten Personen nun auch die folgenden Gruppen eine Chemoprophylaxe mit einem Antibiotikum (z. B. Rifampicin) erhalten:

  • Personen mit erhöhtem Risiko (z. B. durch Drogenkonsum, prekäre Wohnsituation, Wohnungslosigkeit, chronische Leber- oder Nierenerkrankung, Mangelernährung)
  • alle Haushaltsmitglieder einer erkrankten Person, wenn sich in ihrem Haushalt mindestens ein ungeimpftes oder unvollständig geimpftes Kind oder eine Person mit erhöhtem Risiko für invasive Hib-Erkrankungen befindet
  • in Ausbruchssituationen alle Kinder und Betreuer in Einrichtungen, in denen sich nicht oder nicht vollständig geimpfte Kinder aufhalten  
  • in Ausbruchssituationen alle Personen, die direkten Kontakt zu einem Infizierten hatten und regelmäßigen engen Kontakt zu Risikopersonen pflegen

 

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