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Die Wahrheit über Schlafmythen

Mann liegt schlafend im Bett
Macht zu wenig Schlaf wirklich krank und beeinflussen Zeitumstellung und Smartphone tatsächlich unser Schlafverhalten? | Bild: Pixel-Shot / AdobeStock

Mittlerweile ist es morgens nicht mehr gänzlich dunkel, wenn wir aufstehen. Doch ob der Schlaf erholsam war, entscheiden meist andere Faktoren als die Lichtverhältnisse. Wie viel Schlaf brauchen wir wirklich? Und kann man von zu viel Schlaf krank werden? 

Rund um das Thema Schlaf ranken sich viele Mythen. Was davon stimmt wirklich? Wir machen den Faktencheck.

„Bei Einschlafstörungen besser nicht dauernd auf die Uhr schauen!“

Stimmt! 

Wer bei Einschlafstörungen permanent auf die Uhr schaut und dann auch noch nachrechnet, wie viele Stunden er noch bis zum Aufwachen schlafen kann, erzeugt Stress. Deshalb rät die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) davon ab. 

Gerade, wenn das Einschlafen schwerfällt, sollte man nicht auch noch mit dem Rechnen anfangen. „Der Druck, schlafen zu müssen, erzeugt Anspannung, welche die Schlafstörung verstärken kann“, teilt die DGSM mit. 

Sie rät dazu, nicht im Bett wach zu liegen, sondern bei Einschlafproblemen wieder aufzustehen und sich abzulenken.

„Nackt schlafen ist unhygienisch.“

Nicht unbedingt.

Wer nackt unter seiner Bettdecke schläft, müsse aber streng auf die Betthygiene achten, erklärt Hans-Günter Weeß, Leiter des Schlaflabors am Pfalzklinikum in Klingenmünster. „Der Mensch verliert beim Schlaf ein bis zwei Liter Wasser. Wenn man nicht auf die Hygiene achtet, kann sich allerlei Getier wie beispielsweise Milben im Bett bilden.“ 

Er empfiehlt Nacktschläfern deshalb, mindestens einmal in der Woche die Bettwäsche zu wechseln. 

Welche Kleidung ist denn ideal, wenn man angezogen schläft? Entscheidend ist dem Schlafexperten zufolge, „dass man weder friert noch schwitzt, weil beides ein Stressfaktor ist und den Schlaf beeinträchtigt“.

„Nach einer Impfung muss man ausreichend schlafen.“

Stimmt! 

Wenn nach einer Impfung Schlafmangel besteht, fällt die Immunisierung schwächer aus. Forscher der Universität Pittsburgh in den USA fanden heraus, dass Menschen, die in den Tagen um Hepatitis-B-Impfungen herum kürzer schliefen, einen schlechteren Immunschutz aufbauten. 

Auch Anna Heidbreder, Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, stellt fest: „Sicher ist, dass man vor und nach einer Impfung aktiv auf einen ausreichenden und erholsamen Nachtschlaf achten sollte.“

„Man braucht Wochen, um sich von einer Zeitumstellung zu erholen.“

Unklar.

Wissenschaftler beschäftigen sich seit Langem mit den gesundheitlichen Auswirkungen der Zeitumstellung – vor allem mit der Umstellung auf die Sommerzeit. Bis vor etwa zehn Jahren kamen so gut wie alle Studien zu dem Ergebnis: Probleme wie Schlafstörungen seien spätestens innerhalb von ein bis zwei Wochen behoben. 

Es gibt jedoch auch Hinweise, dass sich der biologische Rhythmus bei manchen Menschen etwas langsamer harmonisiert – so eine Meta-Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag aus dem Jahr 2016. 

Der Zeitsprung unterbricht die Anpassung an die jahreszeitlich bedingten Veränderungen. „Durch die Umstellung wird man gezwungen, das Aufwachen um eine Stunde nach vorne oder nach hinten zu verschieben. Deshalb gerät die Harmonie zwischen dem Äußeren und der inneren Uhr durcheinander“, erklärt Gregor Eichele. Der Leiter der Abteilung Gene und Verhalten am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie beschäftigt sich damit, wie Moleküle den biologischen Rhythmus beeinflussen. 

Die Stunde Verschiebung werde besonders von den Menschen bemerkt, die einen regelmäßigen Schlafrhythmus hätten, so Eichele. Die innere Uhr des Menschen lässt viele Prozesse in Zyklen von rund 24 Stunden ablaufen – etwa Veränderungen der Körpertemperatur und des Blutdrucks, die Ausschüttung von Hormonen sowie den Schlaf-Wach-Rhythmus.

Gut zu wissen: Wann erfolgt die nächste Zeitumstellung?

Am 30. März 2024 stellen wir von der Winter- auf die Sommerzeit um. In der Nacht von Samstag auf Sonntag wird die Uhr um 02:00 Uhr auf 03:00 vorgestellt. 

Die Nacht ist dann eine Stunde kürzer. Morgens bleibt es dadurch länger dunkel, dafür ist es aber abends länger hell.

„Wer zu viel schläft, kann eine Lähmung bekommen.“

Falsch! 

Bei dem Phänomen handelt es sich um eine sogenannte Schlafparalyse. Diese fühle sich wie eine Lähmung an und könne bis zu mehreren Minuten andauern, erklärt Weeß. Für Betroffene sei der Zustand beängstigend, da sie nicht einschätzen könnten, wie lange das anhält. Normalerweise reiche aber ein Antippen, um die betroffene Person davon zu befreien. 

Weeß gibt Entwarnung: „Die Schlaflähmung ist in Teilen eine Fortsetzung des REM-Schlafes im Wachen.“ Der Mensch sei während des REM-Schlafes, in dem die meisten Träume geschehen, wie gelähmt, damit er sich oder andere nicht verletze.

„Zu wenig Schlaf macht krank, zu viel Schlaf nicht.“

Falsch! 

Wer dauerhaft zu wenig und/oder schlecht schläft, dessen Wohlbefinden und Gesundheit sind gefährdet. Dabei geht es um direkte Auswirkungen und um langfristige Risiken. So leiden zunächst die kognitiven Fähigkeiten: Schon nach wenigen Tagen Schlafmangel sind die meisten Menschen unkonzentrierter, vergesslicher, und sie reagieren messbar langsamer. 

Wenn man über einen längeren Zeitraum schlecht schlafe, gehe das an die Gesundheit, erklärt Schlafforscher Ingo Fietze. „Die Blutzuckerwerte erhöhen sich, das Diabetesrisiko steigt, und das Immunsystem beginnt zu schwächeln.“ 

Darüber hinaus zeigen Studien aus verschiedenen Ländern, dass Menschen, die langfristig schlecht schlafen, ein erhöhtes Risiko für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. 

Der Schlafbedarf ist zwar von Mensch zu Mensch verschieden. Doch die Empfehlung der „American Academy of Sleep Medicine“ lautet: Mindestens sieben Stunden Schlaf pro Nacht sollten es bei einem Erwachsenen sein – um Gesundheitsrisiken zu vermeiden.

Aber: Koalas als Langschläfer sollte man sich nicht zum Vorbild nehmen. Denn genauso wie Schlafmangel dauerhaft ungesund ist, ist es nach einer Empfehlung der European Sleep Research Society ebenso wenig förderlich, zu lange zu ruhen. Die Gesellschaft bewertet eine Schlafdauer von über neun Stunden bei Erwachsenen als zu lang. 

Eine Studie des Herz-Chirurgie-Zentrums in Athen belegt, dass zu viel Schlaf das Risiko für Herzerkrankungen oder Schlaganfälle erhöhen kann. Krankheiten wie Depression oder Schlafapnoe können aber auch dazu führen, dass man nicht aus dem Bett kommt.

„Jedem Menschen reichen sechs bis acht Stunden Schlaf.“

Das stimmt so nicht ganz. 

Jeder Mensch hat einen individuellen Schlaf und damit auch ein individuelles Schlafbedürfnis. Etwa 80 Prozent der Menschen benötigen eine Nachtruhe zwischen sechs und acht Stunden. 

„Viele wissen gar nicht, wie viel Schlaf sie brauchen. Sie stehen mit dem Wecker auf“, erklärt Weeß. Seine Empfehlung lautet deshalb: Im Urlaub mal keinen Wecker stellen und so herausfinden, wie viele Stunden Schlaf der Körper wirklich braucht. (Diesen Tipp kann man übrigens auch anwenden, wenn man herausfinden will, wie viel Schlaf ein Kind benötigt.)

Als Faustregel gilt laut Techniker Krankenkasse: Wer beim konzentrierten Arbeiten tagsüber nicht schläfrig wird, hat genug geschlafen.

„Wer vor dem Schlafengehen lange aufs Smartphone schaut, schläft schlechter ein.“

Richtig! 

Schuld ist der meist hohe Anteil an blauem Licht, mit dem die Bildschirme von Smartphones und Computern arbeiten. Das kurzwellige Licht sorgt dafür, dass man wach bleibt: Es bremst die Ausschüttung von Melatonin. Das Hormon regelt den Schlaf-Wach-Rhythmus des Körpers. Bei fehlendem (Tages-)Licht wird es aus den körpereigenen Speichern ins Blut abgegeben, und man wird müde. 

Wer vor dem Schlafengehen aufs Handy schaut, kann außerdem durch die dabei entstehenden Gefühle wach gehalten werden. „Der größte Schlafkiller der jüngeren Geschichte ist allerdings die Entwicklung des elektrischen Lichts“, so Ingo Fietze von der Berliner Charité. Quelle: dpa / jh, mia