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Pneumokokken bei Älteren: Kinder sind Risikofaktor

Pneumokokken-Impfstofflasche, daneben liegt eine Spritze
Die Ständige Impfkommission (STIKO) rät bestimmten Personengruppen zur Impfung gegen Pneumokokken. | Bild: Sherry Young / AdobeStock

Das größte Risiko für schwere Pneumokokken-Erkrankungen, wie Lungenentzündung, Sepsis oder Meningitis, haben 

  • Säuglinge und Kleinkinder in den ersten beiden Lebensjahren, 
  • ältere Menschen ab 60 Jahren und 
  • Vorerkrankte. 

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt diesen Risikogruppen deswegen eine Schutzimpfung gegen die Bakterien. Jedoch nimmt nicht jeder der Risikopatienten diese Impfung wahr.

Zur Erinnerung: Was sind Pneumokokken?

Pneumokokken (Streptococcus pneumonia) sind Bakterien. Sie übertragen sich von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion beim Niesen oder Husten und besiedeln den Nasenrachenraum. 

Zumeist verursachen sie keine Symptome. Allerdings genügt diese Besiedlung, um andere Menschen anzustecken, und sie können sich vom Nasenrachenraum ausgehend lokal oder gar invasiv ausbreiten und teils schwere Erkrankungen bedingen. 

Das Spektrum der durch Pneumokokken verursachten Erkrankungen ist breit und reicht von Erkältungskrankheiten, wie einer Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) oder Mittelohrentzündung (Otitis media), über ambulant erworbene Pneumonien (Lungenentzündungen) bis hin zu Sepsis („Blutvergiftung“) oder Meningitis (Hirnhautentzündung“), wenn die Erreger invasiv in sterile Körperbereiche eindringen. Die möglichen Folgen sind schwer: bleibende Behinderung oder Tod. 

Das Risiko für schwere Pneumokokken-Erkrankungen hängt vom Alter und Gesundheitszustand ab. Das größte Risiko haben Kinder unter zwei Jahren und ältere Menschen sowie Menschen mit Vorerkrankungen (z. B. Herz- oder Lungenerkrankungen, Diabetes, Immunschwäche oder immunsuppressiven Behandlungen).  

Aus diesem Grund rät die Ständige Impfkommission (STIKO) zur Impfung gegen Pneumokokken für Säuglinge ab einem Lebensalter von zwei Monaten, dann wieder für ab 60-Jährige und für Menschen mit bestimmten Grundkrankheiten.

Pneumokokken-Impfquote bei Risikogruppen

Auch wenn sich die Corona-Pandemie positiv auf die Impfquoten bei Pneumokokken ausgewirkt hat – in Pandemiezeiten waren Pneumokokken-Impfstoffe aufgrund hoher Nachfrage teils nicht lieferbar –, lag dem Epidemiologischen Bulletin 49|2022 zufolge die bundesweite Impfquote bei 60- bis 67-Jährigen im ersten Quartal 2022 bei 17 Prozent. In der Gruppe der 60- bis 74-Jährigen lag die Impfquote bei 23 Prozent. Das bedeutet: Nicht einmal jeder Vierte unter den Älteren lässt sich impfen.

Bei Menschen mit impfrelevanten Vorerkrankungen ist die Pneumokokken-Impfquote nur marginal höher, ein Viertel ist gegen Pneumokokken geimpft (Quartal 1/2022: 25,6 Prozent).

Besser sieht es bei Kleinkindern aus: Im Epidemiologischen Bulletin 48|2022 berichtet das Robert Koch-Institut (RKI), dass immerhin drei Viertel der Kinder bis zum Alter von 24 Monaten vollständig gegen Pneumokokken geimpft sind (74,8 Prozent im Geburtenjahrgang 2019). Seit 2006 ist die Pneumokokken-Impfung Standardimpfung für Säuglinge. 

Seitdem hat die Impfung nicht nur zu einem Rückgang schwerer Erkrankungen bei Säuglingen geführt, sondern auch die Besiedlung mit Pneumokokken des Nasenrachenraums und damit die Gefahr einer Ansteckung verringert.

Pneumokokken: Wie stecken sich ältere Menschen an?

Genau mit diesem Punkt – dem Pneumokokken-Ansteckungsrisiko für ältere Menschen – beschäftigten sich Wissenschaftler von der „Yale School of Public Health“ (USA) mit Unterstützung von Pfizer. 

Pfizer ist Zulassungsinhaber der Pneumokokken-Polysaccharidkonjugat-Impfstoffe Prevenar 13 und Prevenar 20 – beide zugelassen ab einem Lebensalter von sechs Wochen. Beide Konjugat-Impfstoffe schützen vor 13 beziehungsweise 20 der über 100 bekannten Pneumokokken-Serotypen.  

Für ihre Forschung untersuchten die Wissenschaftler 61 Haushalte und darin lebende 121 ältere Menschen ab 60 Jahren (Durchschnittsalter 70,9 Jahre). Wichtig: In dem Haushalt lebten keine Kinder. 

In zwei Zeiträumen (November 2020 bis August 2021 und November 2021 bis September 2022) entnahmen Studienärzte den Senioren insgesamt 1.091 Speichelproben (ausgewertet wurden 1.088) und untersuchten diese auf Pneumokokken. Das Ergebnis: 4,8 Prozent (52 von 1.088) der Speichelproben enthielten Pneumokokken, und 22,3 Prozent (27 von 121) der Senioren hatten mindestens einen positiven Pneumokokkentest. 

Die Tests stellten lediglich fest, ob Pneumokokken im Speichel nachweisbar waren, eine Erkrankung bedeutet das jedoch nicht zwangsläufig. Zusätzlich beantworteten die älteren Menschen Fragebögen zu ihrem Sozialverhalten, auch ob und wie häufig sie Kontakt zu Kindern hatten.

Kinderkontakt erhöht Risiko für positive Pneumokokkentests

Und in der Tat: Senioren, die über Kinderkontakte berichteten, waren häufiger Pneumokokkenträger als ältere Menschen, die keine Kinderkontakte kürzlich gehabt hatten – 10 Prozent vs. 1,6 Prozent. 

Für die Pneumokokken-Prävalenz im Speichel der Senioren scheint die Kontakthäufigkeit eine Rolle zu spielen. Hatten die Senioren einen täglichen Kinderkontakt, lag ihr Risiko für Pneumokokken deutlich höher als für Menschen ohne Kontakt zu Kindern (Prävalenz, Anteil der Fälle mit täglichem oder ohne Kinderkontakt in der Gesamtstudienpopulation lag bei 15,7 Prozent bzw. 1,8 Prozent).

Pneumokokken-Infektion: Alter der Kinder ist wichtig

Einfluss darauf, ob ältere Menschen Pneumokokkenträger waren, hatte nicht nur die Kontakthäufigkeit. Es spielte auch eine Rolle, wie alt die Kontaktkinder waren. Die Punktprävalenz (zu einem bestimmte Zeitpunkt bestimmt) lag bei Kontakt mit 

  • Säuglingen bei 13,8 Prozent, 
  • Kleinkindern im zweiten Lebensjahr bei 10,7 Prozent und 
  • am höchsten bei Kontakt mit zwei- bis fünfjährigen Kindern (17,3 Prozent). 

Bei Kontakt zu älteren Kindern ab zehn Jahren sank das Risiko für einen positiven Pneumokokkennachweis, die Prävalenz lag bei 8,3 Prozent.

Kontakt zu Kindern sei in dieser Studie der größte Risikofaktor gewesen, dass sich ältere Menschen mit Pneumokokken ansteckten, erklären die Wissenschaftler. Zwar seien teilweise auch gemeinsam in einem Haushalt lebende Menschen gleichzeitig infiziert gewesen – so dass auch sie sich theoretisch gegenseitig hätten anstecken können –, allerdings hätten in der Regel sodann auch alle in diesem Haushalt Lebenden Kontakt zu Kindern gehabt. 

Die Studie dürfte verdeutlichen, wie wichtig eine Pneumokokken-Impfung im Alter ist. Denn selbst wenn Kinder geimpft sind, können diese Pneumokokken, wenn auch weniger stark, verbreiten und ältere Menschen anstecken.