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PPI in der Meno­pause: Risiko für Bluthochdruck?

dunkelhäutiger Frau wird Blutdruck mittels Oberarmmanschette gemessen
Leiden Frauen in der Menopause an Hypertonie, könnte ein Grund dafür die Anwendung eines Protonenpumpenhemmers sein. | Bild: T Mdlungu/peopleimages.com / AdobeStock

Protonenpumpeninhibitoren (PPI) wie Omeprazol, Pantoprazol oder Esomeprazol blockieren irreversibel die H⁺/K⁺-ATPase (Protonenpumpe) in den Belegzellen des Magens. Durch die Hemmung der Säuresekretion lindern sie Symptome von gastroösophagealem Reflux, fördern die Abheilung von Ulzera (Geschwür) und schützen die Schleimhaut bei der Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR).

Zur Erinnerung: Wirkung, Einnahme und Nebenwirkungen von PPI

PPI zählen zu den wirksamsten Hemmstoffen der Magensäuresekretion und werden deshalb bei säureassoziierten Erkrankungen wie Refluxkrankheit, Ulcus ventriculi und duodeni, Zollinger-Ellison-Syndrom sowie zur Helicobacter-pylori-Eradikation und zur Prophylaxe von NSAR-bedingten Ulzera eingesetzt. 

Da sie im sauren Milieu instabil sind, werden PPI in magensaftresistenten Arzneiformen verabreicht. Nach Resorption im Dünndarm gelangen sie über den Blutkreislauf in die Belegzellen (auch Parietalzellen genannt) des Magens. Dort werden sie in die Canaliculi sezerniert und in ihre aktive Form, die Sulfenamide, umgewandelt. Diese binden irreversibel an Cysteinreste der H⁺/K⁺-ATPase (Protonenpumpe) und blockieren so die Säureproduktion. 

Da die Hemmung nur durch die Neubildung von Enzymen aufgehoben werden kann, hält die Wirkung trotz kurzer Plasmahalbwertszeit circa 15–18 Stunden an. PPI unterliegen einer sogenannten „use dependance“, das heißt ihre maximale Wirkung entfalten sie bei nahrungsabhängiger Pumpenaktivität. 

Langfristig kann die dauerhafte Unterdrückung der Magensäure allerdings auch Nachteile mit sich bringen: Sie kann zu einer Hypergastrinämie und bakteriellen Besiedlung des Magens führen. Klinisch können bei PPI-Einnahme Nebenwirkungen wie Durchfall, Übelkeit, Schwindel, Müdigkeit oder eine Erhöhung der Leberenzyme auftreten. Zudem wird die Resorption wichtiger Mikronährstoffe wie Calcium, Magnesium und Vitamin B12 bei längerfristiger Anwendung beeinträchtigt – mit möglichen Folgen für Knochenstoffwechsel, Nerven- und Herzgesundheit.

Ein weiteres Augenmerk richtet sich zunehmend auf kardiovaskuläre Risiken. Insbesondere Frauen nach der Menopause sind in besonderem Maße betroffen: Mit dem Abfall des Östrogenspiegels verlieren sie einen natürlichen Schutz vor Bluthochdruck und Gefäßerkrankungen. Gewichtszunahme, Insulinresistenz und endothelialer Funktionsverlust tragen zusätzlich zu einem erhöhten Risiko für Hypertonie bei. Wenn in dieser Lebensphase PPI über längere Zeit verordnet werden, könnten sich Risiken häufen. 

Eine aktuelle Kohortenstudie unter Leitung von Ahmed I. Soliman (University at Buffalo, New York) mit Bezug auf Daten der Women’s Health Initiative Observational Study (WHI-OS) geht nun der Frage nach, ob zwischen dem Gebrauch von PPI und Bluthochdruck in der Menopause ein Zusammenhang besteht.

Die WHI-Analyse: Design und Methodik

Zwischen 1993 und 1998 wurden im Rahmen der WHI-OS 161.808 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren eingeschlossen. Für die aktuelle Auswertung standen Daten von 64.720 Teilnehmerinnen zur Verfügung, die zu Studienbeginn keinen Bluthochdruck, keine kardiovaskulären Erkrankungen und keine Antihypertensiva in der Vorgeschichte aufwiesen.

Nur 1,8 % der Frauen berichteten bei Eintritt in die Studie von einer PPI-Einnahme. Erfasst wurden sowohl Dauer und Zeitpunkt der Anwendung als auch die Entwicklung des Blutdrucks. Über durchschnittlich 8,7 Jahre wurden neue Hypertoniediagnosen jährlich über standardisierte Fragebögen erfasst. 

Zusätzlich ermöglichte eine Untergruppe mit klinischen Follow-up-Messungen nach drei Jahren die Auswertung tatsächlicher Veränderungen des systolischen Blutdrucks.

Unter PPI: Risiko für Bluthochdruck um 17 % erhöht 

Während des Beobachtungszeitraums entwickelten 28.951 Frauen eine ärztlich diagnostizierte Hypertonie. Für PPI-Anwenderinnen ergab sich ein um 17 % erhöhtes Risiko (Hazard Ratio [HR]: 1,17), an Bluthochdruck zu erkranken, verglichen mit Frauen ohne PPI.

Zur Erinnerung: Was ist die Hazard Ratio?

In klinischen Studien wird das Risiko für bestimmte Ereignisse – wie hier die Entwicklung von Bluthochdruck – oft mit der sogenannten Hazard Ratio (HR) angegeben. Sie beschreibt, wie stark die Wahrscheinlichkeit / das Risiko für ein Ereignis in einer untersuchten Gruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt im Vergleich zu einer Referenzgruppe verändert ist. 

Ein Wert von 1,0 bedeutet kein Unterschied im Ereignisrisiko zwischen den beiden Gruppen. Werte über 1 zeigen ein erhöhtes Risiko des Ereignisses in der exponierten Gruppe. Werte unter 1 ein verringertes Risiko. 

In der vorliegenden Studie lag die Hazard Ratio für PPI-Anwenderinnen bei 1,17 – das heißt, ihr Risiko, Bluthochdruck zu entwickeln, war um 17 % höher als bei Frauen ohne PPI.

Dieser Zusammenhang blieb bestehen, auch wenn Faktoren wie BMI, Lebensstilfaktoren, demografische Faktoren und Begleiterkrankungen berücksichtigt wurden.

Besonders interessant war die Betrachtung der Einnahmedauer. Es zeigte sich ein klarer Trend:

  • unter einem Jahr: um 13 % erhöhtes Risiko (HR: 1,13)
  • ein bis drei Jahre: um 17 % erhöhtes Risiko (HR 1,17)
  • über drei Jahre: um 28 % erhöhtes Risiko (HR 1,28)

Damit stieg das Risiko mit jeder längeren Einnahmeperiode an. Besonders hoch war es in der Gruppe der 50- bis 59-jährigen Frauen (HR 1,24), jedoch waren die Unterschiede zwischen den Altersklassen statistisch nicht signifikant.

Ein weiteres zentrales Ergebnis: Nur Frauen, die aktuell oder neu PPI einnahmen, wiesen ein erhöhtes Risiko auf. Bei ehemaligen Anwenderinnen verschwand der Zusammenhang, was für einen reversiblen Effekt spricht. 

Zudem konnte in der klinischen Teilanalyse ein systolischer Blutdruckanstieg von durchschnittlich 3,39 mmHg innerhalb von drei Jahren nach Beginn einer PPI-Therapie dokumentiert werden.

Möglicher Mechanismus für Hypertonie unter PPI

Wie könnte es zu diesem Zusammenhang kommen? 

Eine Hypothese lautet, dass PPI über die Säurehemmung die Umwandlung von Nitrit aus der Nahrung zu Stickstoffmonoxid (NO) beeinträchtigen. Nitrat nehmen wir hauptsächlich über Gemüse wie Rote Bete oder Spinat auf. Im Körper wird es zunächst zu Nitrit umgewandelt und kann anschließend in Stickstoffmonoxid überführt werden. 

Dieses kleine Molekül spielt eine große Rolle in den Blutgefäßen: Es entspannt die glatte Gefäßmuskulatur, erweitert die Gefäße und trägt so dazu bei, den Blutdruck zu regulieren. 

Wird die Umwandlung gestört – beispielsweise durch eine verminderte Magensäureproduktion unter PPI – steht möglicherweise weniger NO zur Verfügung. Das könnte erklären, warum die Blutdruckregulation bei Langzeiteinnahme dieser Medikamente beeinträchtigt sein könnte.

Schwächen der Studie

Die Autoren betonen, dass die Ergebnisse eine wichtige Hypothese stützen: „Die Einnahme von PPI ist mit einem erhöhten Hypertonierisiko bei älteren Frauen verbunden.“ 

Gleichzeitig verweisen sie auf methodische Grenzen. So basierten Hypertoniediagnosen teilweise auf Selbstauskünften, was eine Fehleinschätzung nicht ausschließt. Die Autoren weisen darauf hin, dass ein Bias (Verzerrung von Ergebnissen) denkbar ist – etwa dann, wenn Frauen mit noch nicht diagnostiziertem Bluthochdruck PPI aus anderen Indikationen einnahmen. 

Eine Übertragbarkeit auf Männer oder jüngere Frauen ist ebenfalls nicht gesichert.

Verordnung von PPI: Darauf sollten PTA in der Beratung achten

Weil PPI gerade in der älteren Bevölkerung breit genutzt werden, betonen die Autoren die Notwendigkeit, Indikation und Dauer der Behandlung regelmäßig zu überprüfen und an den Leitlinien auszurichten. Für die pharmazeutische Beratung bedeutet das:

  • Indikation kritisch prüfen: PPI sollten nicht reflexartig oder dauerhaft ohne Reevaluation verordnet werden.
  • Therapiedauer begrenzen: Leitlinien empfehlen, die niedrigste wirksame Dosis über den kürzesten möglichen Zeitraum anzuwenden. In der vorliegenden Studie war das Risiko bei einer Einnahmedauer von mehr als drei Jahren am größten, was eine besonders sorgfältige Indikationsprüfung und engmaschige Kontrolle erfordert.
  • Risikopatientinnen im Blick behalten: Frauen in und nach der Menopause sollten über das mögliche Risiko für Hypertonie informiert werden.
  • Monitoring: Blutdruckkontrollen sowie ein Augenmerk auf mögliche Mikronährstoffdefizite sind bei Langzeiteinnahme sinnvoll.

Quellen:
- https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/JAHA.124.040009
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2025/08/13/erhoehen-ppi-denblutdruck
- https://www.pta-in-love.de/wechseljahre-bluthochdruck-durch-ppi/
- https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/menopause-ppi-erhoehen-risikofuer-bluthochdruck/#
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/10/02/warumprotonenpumpenhemmer-langfristig-schaden-koennen
- https://www.envivas.de/magazin/gesundheitswissen/bluthochdruck-beifrauen#:~:text=Ursache%20f%C3%BCr%20das%20erh%C3%B6hte%20Risiko,sch%C3%BCtzt
%20so%20vor%20Herz%2DKreislauferkrankungen.
- https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Protonenpumpenhemmer-erhoehen-offenbar-das-Risikofuer-Bluthochdruck-459400.html
- https://www.pharmazeutische-zeitung.de/saeure-runter-blutdruck-rauf-157755/
- https://www.hochdruckliga.de/pressemitteilung/bluthochdruck-in-den-wechseljahren-oftunterschaetzt
- https://herzstiftung.de/service-und-aktuelles/presse/pressemitteilungen/wechseljahre-risikenfrauen
- https://www.nature.com/articles/nrd2466
- https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/HYPERTENSIONAHA.116.08081
- https://www.cancer.gov/publications/dictionaries/cancer-terms/def/hazard-ratio
- Herdegen T., 2024. Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie. 5. Auflage. Stuttgart: Thieme
- Mutschler E., Geisslinger G. Et al., 2012. Mutschler Arzneimittelwirkungen. 10. Auflage. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaf