COVID-19-Therapieoptionen
Corona-Pandemie
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USA lassen Tixagevimab und Cilgavimab zu: Präventive Corona-Antikörper bei fehlender Impfstoffwirkung

Grafik von Antikörpern, die Virus bekämpfen
Wer darf das neue Antikörper-Duo Evusheld® erhalten? | Bild: Siarhei / AdobeStock

Was tun, wenn eine Corona-Impfung weniger wirkt, als sie soll? Beispielsweise bei immungeschwächten Menschen. Oder wenn schwere Nebenwirkungen auf eine frühere COVID-19-Impfung weitere Corona-Impfungen unmöglich machen? 

Eine Möglichkeit ist (neben obligatorischen Abstand- und Hygienemaßnahmen), diese Menschen durch eine passive Impfung zu schützen, das heißt: Man unterstützt ihr Immunsystem durch die Gabe von SARS-CoV-2-Antikörpern, die das Virus abfangen. 

Das kann präventiv geschehen – noch bevor eine Infektion vorliegt – oder zur Behandlung von COVID-19. Besonders praktisch für die Vorbeugung ist natürlich, wenn die zu Schützenden diese Antikörper möglichst selten und im ambulanten Setting erhalten können, also am besten als jährliche Injektion unter die Haut (subkutan) oder in den Muskel (intramuskulär) – statt einer Infusion.

Notfallzulassung für Evusheld®

Die Vereinigten Staaten haben ein solches Antikörper-Duo nun notfallzugelassen. Es geht um Tixagevimab und Cilgavimab in Evusheld® (AstraZeneca), das fortan zur Präexpositionsprophylaxe bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren und einem Mindestgewicht von 40 Kilogramm eingesetzt werden darf.

Langwirksame Antikörper, um COVID-19 vorzubeugen

Das Besondere an den beiden humanen monoklonalen Antikörpern ist ihre lange Wirkdauer (long-acting antibodies), die laut AstraZeneca verglichen mit natürlichen Antikörpern mehr als verdreifacht sein soll. 

Studiendaten zufolge schützen Tixagevimab/Cilgavimab bis zu sechs Monate vor COVID-19 und haben sogar das Potenzial, dies auch für zwölf Monate zu tun, was sodann eine jährliche Gabe ermöglichen würde. Allerdings fehlen derzeit noch Daten, die neben dem sechsmonatigen Schutz auch einen zwölfmonatigen belegen.

Tixagevimab/Cilgavimab kommen aus dem Blut genesener Patienten

Ursprünglich stammen die Antikörper aus dem Blut von genesenen COVID-19-Patienten. Eine kluge Idee: Schließlich haben sich die Antikörper damit bei COVID-19 bereits erfolgreich bewährt. 

AstraZeneca hat die Antikörper jedoch nicht 1:1 übernommen, sondern hinsichtlich ihrer Verträglichkeit und Wirkdauer im Labor weiter optimiert. Herausgekommen sind die beiden Antikörper Tixagevimab und Cilgavimab. Diese binden an das Spikeprotein von SARS-CoV-2, jedoch an unterschiedliche Stellen, was die Wirksamkeit von Evusheld® erhöhen soll. 

Die Verabreichung erfolgt stets in Kombination: Die zu Schützenden erhalten direkt hintereinander je eine Spritze mit 150 mg Tixagevimab und mit 150 mg Cilgavimab als intramuskuläre Injektion.

Wer darf Evusheld® erhalten?

Die Notfallzulassung umfasst nur bestimmte Personen. Grundvoraussetzung ist, dass keine SARS-CoV-2-Infektion vorliegt und dass auch kürzlich kein Kontakt zu SARS-CoV-2-Infizierten bestand. 

Daneben muss die Person mäßig bis stark immungeschwächt sein – sei es durch eine Erkrankung, Arzneimittel oder eine Therapie –, sodass von keiner ausreichenden Immunität nach einer Impfung ausgegangen werden kann. 

Alternativ muss die Person auf eine bereits verabreichte COVID-19-Impfung mit schweren Nebenwirkungen reagiert haben, weswegen weitere Corona-Impfungen mit den zugelassenen Impfstoffen nicht empfohlen werden. 

Ersetzen die Antikörper eine Impfung?

Der Personenkreis für eine Therapie mit Evusheld® ist klar umrissen und stark begrenzt. Die Prophylaxe mit Tixagevimab und Cilgavimab für Menschen, die sich nicht impfen lassen möchten, bei denen jedoch aus medizinischen Gründen nichts dagegen spricht, ist nicht vorgesehen. Das schließt die Zulassung von Evusheld® aus. 

Auch betont die FDA, dass eine Prävention mit Evusheld® kein Ersatz für eine Impfung ist: „Impfstoffe haben sich als der beste verfügbare Schutz gegen COVID-19 erwiesen.“

Wie gut schützt Evusheld® vor COVID-19?

Die FDA stützt ihre Zulassung für das Antikörper-Duo vornehmlich auf Daten der noch laufenden klinischen Phase-3-Studie (PROVENT). Darin untersucht AstraZeneca doppelblind, randomisiert und placebokontrolliert die schützende Wirkung von Evusheld® in der Präexpositionsprophylaxe. 

Die Teilnehmer müssen ungeimpft und dürfen in der Vergangenheit nicht mit SARS-CoV-2 infiziert gewesen sein. Daneben muss durch eine Grunderkrankung oder durch das Alter (ab 60 Jahren) oder aus anderen Gründen ein erhöhtes Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion bestehen.

Ziel der Studie war der Vergleich der COVID-19-Fälle bis zum Tag 183 (sechs Monate) in der Evusheld®- (3.441) und in der Placebogruppe (1.731). Das Ergebnis: Die Gabe der Antikörper reduzierte das Risiko an COVID-19 zu erkranken, statistisch signifikant. Das bedeutet, die unterschiedlichen Erkrankungsraten lassen sich nicht allein durch Zufall erklären. Am Tag der Auswertung waren 77 Prozent weniger Evusheld®-Patienten an COVID-19 erkrankt gewesen als in der Placebogruppe. 

Nur zur Prävention, nicht zur Behandlung

Derzeit dürfen Tixagevimab/Cilgavimab ausschließlich angewendet werden, um COVID-19 vorzubeugen. Zur Behandlung von COVID-19 sowie zur Prävention einer Erkrankung nach Kontakt mit Infizierten (Postexpositionsprophylaxe) laufen derzeit jedoch Studien (Behandlungsstudie: STORM CHASER; Studie zur Postexpositionsprophylaxe: TACKLE).

Erste präventive Antikörper in den USA

In den USA kommen mit Tixagevimab und Cilgavimab nun die ersten präventiven Antikörper auf den Markt. Die dort bislang zugelassenen Corona-Antikörper dürfen nur zur Behandlung von erkrankten COVID-19-Patienten eingesetzt werden. 

Auch die EMA prüft das Antikörper-Duo bereits. Allerdings sind in der EU mit dem Antikörper-Duo Casirivimab und Imdevimab bereits vorbeugende Antikörper auf dem Markt: Ronapreve® darf sowohl zur Prä- als auch zur Postexpositionsprophylaxe sowie zur Behandlung angewendet werden.

Wirkt Evusheld® gegen Omikron?

Nach dem Auftreten der Omikron-Variante besteht nun jedoch die Gefahr, dass Tixagevimab und Cilgavimab nicht mehr wirken, da sie vielleicht nicht mehr auf das mutierte Spikeprotein passen. AstraZeneca untersucht wohl bereits, welche Auswirkungen Omikron auf Evusheld® hat – bislang sei noch keine verminderte Neutralisation der Omikron-Variante beobachtet worden. Von Neutralisation spricht man, wenn Antikörper das Virus binden und so unschädlich machen können.

Das scheint bei anderen Antikörpern anders zu sein: So twitterte Professor Sandra Ciesek von der Universitätsklinik Frankfurt am Main jüngst Daten zur Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen und von Casirivimab/Imdevimab gegen die Omikron-Variante: Die beiden Corona-Antikörper waren der Virologin zufolge wirkungslos. 

Auch bei Regdanvimab (Regkirona®), ein in der EU ebenfalls bereits zugelassener Corona-Antikörper, wird die Wirksamkeit bezweifelt. Optimistischer gibt sich GlaxoSmithKline mit Sotrovimab (Xevudy®): „Die ersten Ergebnisse weisen darauf hin, dass der monoklonale Antikörper seine Aktivität auch gegenüber der neuen Virusvariante beibehält.“ Diese Daten müssten jedoch noch in weiteren In-vitro-Pseudovirentests bestätigt werden. 

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