Heimische Hülsenfrüchte
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Uralte Kulturpflanze: Linsen: alte Hülsenfrucht neu entdeckt

Bunte Linsen verteilt auf Schälchen
Von schwarz bis rot, Linsen gibt es in vielen Farben. Die proteinreiche Hülsenfrucht feiert in Deutschland zunehmend Renaissance. | Bild:  Printemps / AdobeStock

Vor etwa 20 Jahren wagte ein Bio-Landwirt auf der Schwäbischen Alb ein Experiment: Er brachte alte regionale Linsensorten zurück auf seinen Acker. Aufwändige Ernte und geringe Erträge hatten in den 1950er-Jahren dazu geführt, dass die Linse von deutschen Feldern verschwand. Der Bedarf wurde durch Erzeugerländer wie Kanada und Indien gedeckt. 

Doch mittlerweile sind die Alblinsen („Alb-Leisa“) bei Verbrauchern sehr beliebt. Viele schwäbische Bauernhöfe haben sich schon auf die alte Ackerpflanze zurückbesonnen. Auch in Niederbayern gibt es wieder einen kleinen Linsenanbau. Parallel dazu untersucht die Agrarforschung, welche Linsensorten sich am besten für den heimischen Anbau eignen.

Eine der ältesten Kulturpflanzen

Die Linsenpflanze (Lens culinaris) gehört – ebenso wie Sojabohne, Ackerbohne, Erbse und Lupine – zu den Leguminosen oder Hülsenfrüchtlern (Fabaceae, Schmetterlingsblütler). Sie stammt aus dem Nahen und Mittleren Osten und ist eine der ältesten Kulturpflanzen. In Ägypten wurde sie wahrscheinlich schon vor circa 8.000 Jahren angebaut. Bereits ab etwa 4.000 vor Christus breitete sich die Pflanze auch in den Mittelmeerraum und nach Zentraleuropa aus. 

Die Linsenpflanze mit Schmetterlingsblüten und gefiederten Blättern. | Bild: Mathia / AdobeStock

Lens culinaris bevorzugt eher karge Böden. Die einjährigen krautigen Pflanzen werden bis circa 50 Zentimeter hoch und haben fein gefiederte, in eine Ranke übergehende Blätter. 

Da die Pflanzen nicht standfest sind, werden sie üblicherweise zusammen mit Stützpflanzen wie Hafer oder Gerste angebaut. Aus den kleinen weißen bis blassvioletten Schmetterlingsblüten entstehen die nur 1 bis 1,5 Zentimeter großen Hülsen. In ihnen entwickeln sich bis zu 3 Samen – die Linsen. 

Geschält oder ungeschält – von schwarz bis rot

Linsen gibt es in einer sehr großen Sortenvielfalt. Der Klassiker in der deutschen Küche sind die braunen Tellerlinsen. Sie schmecken leicht mehlig-erdig und machen sich gut in Eintöpfen. Beliebt sind auch die aromatischeren braunen oder graugrünen Berglinsen. Sie eignen sich zum Beispiel für Suppen oder Bratlinge. Die olivgrünen kleinen Puy-Linsen sind gut geeignet für Salate oder Vorspeisen. Auch die kleinen, glänzend schwarzen Beluga-Linsen werden wegen ihrer festen Konsistenz und des nussigen Geschmacks für Salate oder Beilagen verwendet.

Um bereits geschälte Linsen handelt es sich bei den Roten und Gelben Linsen. Aus ihnen werden beispielsweise Pürees, Soßen oder Aufstriche zubereitet. Die geschälten Linsen haben eine deutlich kürzere Kochzeit (Rote Linsen: 5–10 Minuten, Gelbe Linsen: 12–15 Minuten, ungeschälte Linsen: 20–30 Minuten), zerfallen allerdings auch schnell. Wegen der fehlenden Schale wirken sie weniger blähend.

Hochwertiges Eiweiß – Ergänzung zu Getreide

Ebenso wie andere Hülsenfrüchte punkten auch Linsen mit einem hohen Gehalt an wertvollem Eiweiß. Der Eiweißanteil liegt mit bis zu 25 Prozent im Bereich von reifen Körnererbsen. Typisch für Hülsenfrüchte, sind Linsen reich an der essentiellen Aminosäure Lysin, aber arm an Methionin. Da es sich beim Getreide genau umgekehrt verhält, gilt die Kombination beider Nahrungsmittel als günstig für eine vollwertige Ernährung.

Ballaststoffreich und sättigend

Die kleinen Samen liefern gut 40 Prozent Kohlenhydrate, wobei der Ballaststoffgehalt hoch ist. Linsen sättigen daher gut und haben einen niedrigen glykämischen Index. Sie wirken sich günstig auf den Glukosestoffwechsel aus. Der Fettgehalt beträgt lediglich 2 Prozent. Linsen tragen zur Versorgung mit B-Vitaminen bei und liefern wichtige Mineralstoffe, vor allem Kalium, Magnesium, Calcium, Eisen und Zink.

Sehr gesund – mit Einschränkungen

Neben den willkommenen Nährstoffen enthält die Linse ebenso wie viele andere Hülsenfrüchte einige unerwünschte Inhaltsstoffe (antinutritive Substanzen). Dazu gehören zum Beispiel die Harnsäure bildenden Purine, weshalb Linsen für Gicht-Patienten ungünstig sind. 

Zu den „Antinährstoffen“ zählen auch Phytinsäure, Protease-Inhibitoren und Lektine, außerdem Saponine, die beim Kochen die typische Schaumbildung verursachen. Andererseits schreibt man einigen dieser Substanzen auch positive Wirkungen zu, etwa antioxidative und krebshemmende Effekte. 

Beim Kochen werden die antinutritiven Substanzen zum Teil zerstört oder ausgewaschen. Das gilt auch für die löslichen Ballaststoffe – Oligosaccharide wie Raffinose und Stachyose –, die zu Blähungen führen können. Wer in dieser Hinsicht empfindlich ist, kann Linsen vor dem Kochen einweichen und sollte sowohl Einweichwasser als auch Kochwasser wegschütten. Andererseits gelten lösliche Ballaststoffe als präbiotisch und damit förderlich für ein gesundes Darmmilieu.

Linsen nicht nur für den Eintopf

Während Linsen früher als Arme-Leute-Essen verpönt waren, bereichern sie heute die moderne Küche. Vor allem für die vegane Ernährung sind die eiweißreichen Samen sehr geschätzt. Die kleinen Hülsenfrüchte lassen sich gekocht nicht nur als Eintopfzutat, Gemüse oder Salat genießen. Man kann aus ihnen auch Brei, Soßen, Burger und Brotaufstriche herstellen. 

Beim Backen ist es möglich, einen Teil des Getreidemehls durch Linsenmehl zu ersetzen. Nudeln lassen sich sogar zu 100 Prozent aus Linsenmehl herstellen. Außerdem gibt es zum Knabbern Linsenchips oder -flips. In Form von Keimlingen (Linsensprossen) können Linsen übrigens – in kleiner Menge – auch roh verzehrt werden. Beim Keimen wird nämlich ein Großteil der antinutritiven Substanzen abgebaut. Quellen: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE); Universität Hohenheim; Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL); Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg; ProVeg e.V.; R. Lieberei, C. Reisdorff: Nutzpflanzenkunde, Thieme 2007; B.-E. van Wyk: Handbuch der Nahrungspflanzen, WVG 2005  

Linse in Kürze

  • Botanik: Lens culinaris (Fabaceae); krautige, nicht standfeste Pflanze, fein gefiederte Blätter mit Ranken, kleine weiße bis blaue Schmetterlingsblüten, Samen = Linsen in kurzen Hülsen.
  • Herkunft: aus Nahem und Mittlerem Osten stammend, Anbau weltweit als Nahrungspflanze; vereinzelte Rückkehr als Ackerpflanze in Deutschland.
  • Besondere Inhaltsstoffe: hohe Nährstoffdichte, v. a. hoher Eiweißgehalt, Kohlenhydrate, Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe; aber auch antinutritive Substanzen (u. a. Purine, Phytinsäure, Saponine).
  • Ernährungsphysiologischer Nutzen: hochwertiges Eiweiß (hoher Lysin-Gehalt), gut sättigend; evtl. zusätzliche Gesundheitseffekte (z. B. präbiotische Wirkung).
  • Risiken: antinutritive Substanzen, z. B. Purine (Vorsicht  bei hohem Harnsäure-Spiegel!), Phytinsäure, Saponine (durch Kochen oder Einweichen stark reduziert); evtl. Blähungen durch lösliche und unlösliche Ballaststoffe.
  • Verwendung: als Nahrungsmittel; gekochte Linsen in Eintöpfen, als Gemüse, Salat etc., Verarbeitung zu Brei, Burgern, Aufstrichen etc.; Linsenmehl z. B. für Brot und Nudeln.
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