Impfungen
Wissen Sie, wo Ihr Impfausweis liegt? Viele von Ihren Patienten müssen über diese Frage wahrscheinlich länger nachdenken. Denn wenn nichts Besonderes passiert, sind Impfungen oft kein Thema mehr. Aber auch Erwachsenen wird empfohlen, ihren Impfschutz regelmäßig prüfen zu lassen. Welche Standard-Impfungen die Ständige Impfkommission (STIKO) für welches Alter empfiehlt, vor welchen Krankheiten diese schützen und was Sie sonst noch darüber wissen sollten, erfahren Sie in unserer Serie „Impfungen im Kurzportrait“.
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Tollwut: Wann ist eine Impfung indiziert?

Mann hält Hand mit Binde darum gewickelt fest; im Hintergrund steht ein Hund
Das Tollwut-Virus wird durch Bisse infizierter Tiere auf den Menschen übertragen. | Bild: Светлана Акифьева / AdobeStock

Ein Biss durch einen infizierten Hund oder das Ablecken einer offenen Wunde kann zu einer Übertragung des Tollwut-Erregers führen. Diese Rabies-Viren werden hauptsächlich durch Speichel erkrankter Tiere auf den Menschen übertragen. 

Eine Ansteckung mit dieser Zoonose kann durch Biss- oder Kratzverletzungen infizierter Tiere erfolgen sowie nach Belecken von verletzten Hautstellen oder wenn Speichel des Tieres durch ungewaschene Hände an die Augen-, Nasen- oder Mundschleimhaut gelangt. Ansteckend ist auch die Inhalation von Viren. 

99 % der menschlichen Tollwutfälle werden von Hunden übertragen. In seltenen Fällen können auch Affen Tollwut übertragen. Die Wildtollwut unter Füchsen, Waschbären oder Fledermäusen ist ebenfalls nur selten Auslöser der Tollwut beim Menschen. Unbehandelt kann eine Infektion tödlich verlaufen. 

Deutschland gilt seit 2008 als „tollwutfrei“

Die Tollwut ist in weiten Teilen der Welt verbreitet. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit jährlich rund 60.000 Menschen an Tollwut – die meisten Fälle (95 %) wurden in Asien und Afrika gemeldet. Insbesondere in Afrika ist eine hohe Dunkelziffer an Todesfällen durch Tollwut anzunehmen.

Deutschland gehört zu den Ländern Europas, in denen durch systematische Bekämpfungsmaßnahmen – vor allem durch die orale Immunisierung von Füchsen, die hierzulande als Hauptüberträger des Virus galten – die Tollwut eingedämmt werden konnte. 

Der letzte identifizierte Tollwutfall bei einem Wildtier (außer Fledermäusen) trat in Deutschland im Februar 2006 bei einem Fuchs auf. 2007 war der letzte Tollwutfall bei einem in Deutschland wohnhaften Menschen. Dabei handelte es sich um einen Mann, der in Marokko von einem streunenden Hund gebissen wurde. Seit 2008 gilt Deutschland als „tollwutfrei“(frei von terrestrischer Tollwut).

Neben Deutschland haben auch die meisten Länder in Europa den Status „tollwutfrei“ erlangt. In den osteuropäischen Ländern wie Weißrussland, der Republik Moldau, Ukraine und der Russischen Föderation bleibt die Tollwut bei Wild- und Haustieren allerdings nach wie vor ein Problem.

Für in Deutschland lebende Menschen bestehen gegenwärtig erhöhte Infektionsrisiken fast ausschließlich bei Reisen in Länder mit endemischem Vorkommen der Tollwut.

Welche Symptome treten bei einer Tollwut-Infektion auf?

Kommt es zu einer Infektion mit Tollwut-Viren, beträgt die Inkubationszeit beim Menschen in der Regel drei bis acht Wochen, in Einzelfällen aber auch bis zu mehrere Jahre. 

Tollwut lässt sich beim Menschen in drei Phasen einteilen:

  • Prodromalstadium: In dieser Anfangsphase treten uncharakteristische Beschwerden auf, z. B. Kopf- und Muskelschmerzen sowie Appetitlosigkeit und gelegentlich Fieber. Des Weiteren kann es zu Juckreiz, Brennen und vermehrter Schmerzempfindlichkeit im Bereich der Wunde kommen.
  • Akute neurologische Phase:
    • Enzephalitische Form (etwa 80 % der Fälle): Es kommt überwiegend zu zerebralen Funktionsausfällen, Hydrophobie, Unruhe und Krämpfen. Als Folge der dadurch bedingten Schluckstörungen kommt es zum Ausfließen von Speichel aus dem Mund. Weitere Symptome sind vermehrte Speichelbildung, Angst vor Zugluft (Aerophobie), erhöhte Reiz- und Erregbarkeit sowie Angstzustände.
    • Paralytische Form (circa 20 % der Fälle): Hierbei kommt es überwiegend zu Veränderungen an den Rückenmarks- und peripheren Nerven. Betroffene leiden unter Parästhesien, Muskelschwäche und Lähmungen, die u. a. zu Schwierigkeiten beim Schlucken und zur Lähmung der Atemmuskulatur führen können.
  • Koma: Bedingt durch die Atemlähmung oder auch die Lähmung der Herzmuskulatur kann es zum Koma und im weiteren Verlauf zum Tod kommen.

Zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und dem Tod liegen meist zwischen sieben und zehn Tage.

Gut zu wissen: Meldepflicht für Tollwut

In Deutschland besteht für Tollwut eine Meldepflicht, das legt § 6 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vor. 

Zu melden sind der Verdacht auf Tollwut, die Erkrankung oder der Tod an Tollwut sowie der Nachweis des Rabies-Virus, sofern das Vorhandensein auf eine akute Infektion schließen lässt. 

Die Meldung muss spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis beim Gesundheitsamt vorliegen.

Tollwut vorbeugen durch Impfung

Für eine Tollwuterkrankung stehen derzeit keine evidenzbasierten Therapieempfehlungen zur Verfügung. Die beste Prävention vor einer Erkrankung ist eine Impfung. 

Auch nach einer Infektion kann die tödliche Erkrankung mithilfe eine rechtzeitig durchgeführten Postexpositionsprophylaxe mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden. Sobald jedoch Krankheitsanzeichen wie Lähmungen oder Krämpfe, Lichtscheu und Abneigung gegen Wasser auftreten, verläuft die Erkrankung in der Regel tödlich.

Abhängig davon, ob eine Impfung als Vorsorge oder nach Tollwutkontakt erfolgt, unterscheidet sich das Impfschema.

Präexpositionelle Tollwutimpfung – Vakzine und Impfschema

Für die Tollwut-Impfprophylaxe stehen in Deutschland zwei Impfstoffe mit inaktivierten Tollwut-Viren für die aktive Immunisierung zur Verfügung: Rabipur® und Verorab®. Beide Vakzinen können ab der Geburt verabreicht werden.

Für Erwachsene und Kinder besteht die Vorsorgeimpfung (präexpositionell) aus drei Injektionen an den Tagen 0–7–21 (oder 28). Alternativ steht ein verkürztes Impfschema an den Tagen 0–3–7 zur Verfügung. 

Das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgeschlagene Impfschema 0–7 ist in Deutschland aktuell nur als Off-Lable-Use möglich. 

Der Impfschutz beginnt circa zwei Wochen nach der ersten Impfung und hält bis zu fünf Jahre an. Bei fortbestehender Gefährdung muss der Impfschutz alle zwei bis fünf Jahre aufgefrischt werden.

STIKO-Impfempfehlung für Tollwut

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine präexpositionelle Tollwutimpfung für

  • Reisende in Tollwut-Endemiegebiete mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Tollwutexposition, z. B. durch Kontakt mit streunenden Hunden oder Fledermäusen,
  • Tierärzte, Jäger, Forstpersonal u. a. Personen mit Umgang mit Tieren in Gebieten mit neu aufgetretener Wildtiertollwut,
  • Personen mit arbeitsbedingtem oder sonstigem engen Kontakt zu Fledermäusen und
  • Laborpersonal mit Expositionsrisiko gegenüber Tollwutviren.

Nach Tollwut-Kontakt erfolgt postexpositionelle Impfung

Wenn es bei einer Person bereits zu einem eventuellen Kontakt mit Tollwut-Viren gekommen ist, erfordert dies eine schnellstmögliche postexpositionelle Tollwut-Immunprophylaxe (Tollwut-PEP). Diese besteht aus einer aktiven Immunisierung (Rabipur® oder Verorab®) und einer meist zusätzlichen Gabe von Tollwut-Immunglobulin (z. B. Berirab®).

Bei Personen mit einer vollständigen präexpositionellen Grundimmunisierung besteht die Immunprophylaxe aus zwei Impfstoffdosen an den Tagen 0–3. Eine Gabe von Immunglobulin ist nicht erforderlich. 

Für Personen mit einem unvollständigen oder nicht vorhandenen Impfschutz empfiehlt die WHO zwei mögliche Impfschemata:

  • Essen-Schema: je eine Impfstoffdosis an den Tagen 0–3–7–14–28
  • Zagreb-Schema: zwei Impfstoffdosen am Tag 0 (zeitgleich), je eine weitere Impfstoffdosis an den Tagen 7 und 21 (0–0–7–21)

Zusätzlich erfolgt simultan eine Verabreichung von Tollwut-Immunglobulin mit der ersten Impfstoffdosis (Tag 0). Quellen:
- Robert Koch-Institut
- Paul-Ehrlich-Institut
- Tropeninstitut
- Gelbe Liste
 

Europäische Impfwoche 2025

Jedes Jahr in der letzten Aprilwoche begeht die Europäische Region der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Europäische Impfwoche. Damit soll auf die Bedeutung von Impfmaßnahmen für die Prävention von Krankheiten und den Schutz von Menschenleben aufmerksam gemacht werden.

Dieses Jahr wird mit dem Motto: „Impfungen für alle sind menschlich möglich“ auf die Notwendigkeit der gleichmäßigen Durchimpfung hingewiesen.

Auf PTAheute.de möchten wir diese Aktion mit ausgewählten Beiträgen unterstützen. Sie erhalten Informationen zu den Impfungen gegen FSME, Tetanus, Dengue-Fieber und Tollwut. Außerdem erklären wir, was mRNA-Impfstoffe und was Lebendimpfstoffe sind, und geben Hinweise, worauf bei Impfungen in der Apotheke zu achten ist.

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