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Grippesaison 2023/24: Womit soll man sich impfen lassen?

Frau erhält Impfung in Oberarm
Wer sollte sich mit welchem Influenza-Impfstoff impfen lassen? | Bild: IMAGO / Panthermedia

Rund 12,5 Millionen Grippeimpfstoffdosen hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für die bevorstehende Influenzasaison 2023/24 bereits freigegeben (Stand: 3. September 2023). Zusammengesetzt sind alle nach den Vorgaben der WHO (Weltgesundheitsorganisation), die sich alljährlich Gedanken macht, wie ein Grippeimpfstoff konzipiert sein muss, um bestmöglich vor den mutmaßlich zirkulierenden Viren zu schützen. 

Trotz dieser einheitlichen Impfstammempfehlung unterscheiden sich die Grippeimpfstoffe – manche sind hühnereibasiert, andere werden in Zellkulturen hergestellt oder enthalten ein rekombinantes Antigen. Grippeimpfstoffe können zudem standarddosiert oder hochdosiert sein, ein wirkverstärkendes Adjuvans enthalten oder als Tot- oder Lebendimpfstoff konzipiert sein.

Der optimale Impfzeitraum rückt näher: Das Robert Koch-Institut (RKI) nennt dafür die Zeit zwischen Mitte Oktober bis Mitte Dezember. Womit schützt man sich am besten vor Grippe? PTAheute hat sich die diesjährigen Grippeimpfstoffe genauer angeschaut. 

Gut zu wissen: Grippeimpfstoff 2023/24 für die nördliche Halbkugel nach WHO-Vorgaben

Tri- bzw. tetravalente Impfstoffe aus der Hühnereikultur:

   A/Victoria/4897/2022 (H1N1)pdm09-like virus

   A/Darwin/9/2021 (H3N2)-like virus

   B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria lineage)-like virus

  (B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata lineage)-like virus)*

Tri- bzw. tetravalente rekombinante Impfstoffe oder aus Zellkultur

   A/Wisconsin/67/2022 (H1N1)pdm09-like virus

   A/Darwin/6/2021 (H3N2)-like virus

   B/Austria/1359417/2021 (B/Victoria lineage)-like virus

   (B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata lineage)-like virus)*

*Nur bei den tetravalenten Varianten enthalten

Impfstoffklassiker: standarddosiert und aus dem Ei

Die klassischen Grippeimpfstoffe sind standarddosiert und hühnereibasiert. Gleich mehrere Impfstoffhersteller sind in der kommenden Saison mit den konventionellen Influenzavakzinen vertreten:

  • Afluria® Tetra (Seqirus), 
  • Influsplit Tetra (GlaxoSmithKline),
  • Influvac® Tetra (Viatris), 
  • Vaxigrip Tetra® (Sanofi Pasteur) und 
  • Xanaflu® Tetra (Viatris). 

Alle schützen vor vier Grippestämmen – je zwei A- und zwei B-Stämme – und entsprechen damit der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), die standardmäßig zur Vierfachimpfung rät. Genauer hinschauen lohnt sich dennoch. 

So darf Afluria® erst bei ab 18-Jährigen geimpft werden. Hingegen eignen sich Influsplit Tetra, Influvac® Tetra, Vaxigrip Tetra® sowie Xanaflu® Tetra bereits für Babys ab einem Alter von sechs Monaten. 

Für Säuglinge unter sechs Monaten hat lediglich Vaxigrip Tetra® eine Zulassung, und zwar als passiver Impfschutz des Babys durch mütterliche Impfung in der Schwangerschaft. Vaxigrip Tetra® ist zudem der einzige Grippeimpfstoff, der eine ausdrückliche Zulassung für die Impfung von Schwangeren hat.

Aus Zellkultur: Flucelvax und Supemtek

Grippeimpfstoffe lassen sich nicht nur in Hühnereiern herstellen. Manche Grippeimpfstoffhersteller nutzen stattdessen Zellkulturen – Säugetierzellen (MDCK-Zellen: Madin Darby Canine Kidney) für Flucelvax® (Seqirus) beziehungsweise Insektenzellen für Supemtek (Sanofi Pasteur).

Auf diese Weise wird die bei der Herstellung in Hühnereiern mitunter stattfindende Adaption der Humanviren an den Vogelwirt verhindert, was die Wirksamkeit der Grippeimpfstoffe verbessern soll. 

Flucelvax® ist derzeit der einzige zugelassene Grippeimpfstoff, der in Säugetierzellen hergestellt wird. Er darf bei Kindern ab zwei Jahren geimpft werden. 

Alleinstellungsmerkmal von Supemtek ist, dass der Impfstoff ein definiertes Impfantigen – Hämagglutinin – enthält, das rekombinant im Labor hergestellt wird (bei Flucelvax® wird das komplette Virus in Zellkultur hergestellt). Trotz bereits 2020 erteilter EU-Zulassung wird Sanofi Pasteur Supemtek auch in diesem Grippewinter jedoch nicht vermarkten.

Spezielle Grippeimpfstoffe für ältere Menschen

Ältere Menschen zählen zur Risikogruppe bei Influenza: Verglichen mit jüngeren Menschen erkranken sie häufiger schwer oder versterben an den Folgen einer Influenzaerkrankung. Da das Immunsystem älterer Menschen meist träger auf eine Impfung reagiert, versuchen Grippeimpfstoffhersteller mit speziellen Grippeimpfstoffen die Wirkung zu verbessern – zum Beispiel durch eine hochdosierte Antigenmenge oder ein Adjuvans.

Seit dem Epidemiologischen Bulletin 1|2021 rät die STIKO älteren Menschen ab 60 Jahren zu einer Hochdosisgrippeimpfung. Diese sei mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ den konventionellen Influenza-Impfstoffen überlegen, schütze Personen im Alter von ≥ 60 Jahren besser und senke die grippebedingte Krankheitslast (Morbidität) und Sterblichkeit (Mortalität), begründete die Ständige Impfkommission damals ihre Empfehlung. 

Derzeit bietet lediglich Sanofi Pasteur eine hochdosierte Grippevakzine an: Efluelda® enthält verglichen mit standarddosierten Impfstoffen (15 µg) jeweils die vierfache Antigenmenge (60 µg). 

Für den Fall, dass eine hochdosierte Grippeimpfung nicht möglich ist – zum Beispiel bei Lieferengpässen – dürfen ältere Menschen ab 60 Jahren alternativ mit einem standarddosierten Grippeimpfstoff geimpft werden. Diese Möglichkeit räumt die Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) seit 1. April 2023 ein.

Neben dem hochdosierten Grippeimpfstoff Efluelda® gibt es eine zweite Influenzavakzine speziell für ältere Menschen: Fluad tetra von Seqirus. Die Vakzine enthält ein Adjuvans, wodurch das Immunsystem älterer Menschen besser stimuliert werden soll als bei einem konventionellen Grippeimpfstoff. Zugelassen ist Fluad tetra für Menschen ab 65 Jahren. Die STIKO sieht derzeit jedoch lediglich bei Efluelda® einen Wirkvorteil für ältere Menschen.  

Der nasale Lebendimpfstoff für Kinder

Es gibt auch einen speziellen „Kinder-Grippeimpfstoff“: Fluenz® Tetra (AstraZeneca). Als einziger ist er als Lebendimpfstoff sowie als Nasenspray konzipiert und darf bei Kindern im Alter zwischen zwei und 17 Jahren geimpft werden. 

Ungünstig bei Lebendimpfstoffen ist allerdings, dass sie bei immungeschwächten Menschen kontraindiziert sind – und nur diese Kinder sollen laut STIKO derzeit gegen Grippe geimpft werden. Bei gesunden Kindern rät die STIKO hingegen nicht standardmäßig zum jährlichen Grippeschutz. 

Auch spricht sich die STIKO bei Kindern, die gegen Grippe geimpft werden sollen, nicht prioritär für ein Impfprinzip aus: Lebend- oder Totimpfstoffe könnten bei Kindern „unter Berücksichtigung möglicher Kontraindikationen gleichermaßen angewendet werden“. Bei einer Spritzenphobie des Kindes oder bei Gerinnungsstörungen sollte jedoch präferenziell der nasale Lebendimpfstoff verwendet werden, erklärt das RKI.

Zur Erinnerung: Wer sollte sich gegen Grippe impfen lassen?

Die STIKO empfiehlt die Grippeimpfung für:

  • alle Personen ab 60 Jahren,
  • alle Schwangeren ab dem zweiten Trimenon; bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens ab dem ersten Trimenon,
  • Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens (wie chronische Erkrankungen der Atmungsorgane, Herz- oder Kreislaufkrankheiten, Leber- oder Nierenkrankheiten, Diabetes oder andere Stoffwechselkrankheiten, neurologische Grundkrankheiten wie Multiple Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben,   angeborene oder erworbene Immundefizienz),
  • Bewohner von Alten- oder Pflegeheimen,
  • Personen, die als mögliche Infektionsquelle im selben Haushalt lebende oder von ihnen betreute Risikopersonen (siehe oben) gefährden können.

Geimpft werden sollten im Rahmen eines erhöhten beruflichen Risikos außerdem

  • Personen mit erhöhter Gefährdung (z. B. medizinisches Personal),
  • Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr,
  • Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute Risikopersonen fungieren können.

Ebenso sollten Personen mit direktem Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln eine Grippeschutzimpfung erhalten. Die Impfung schützt zwar nicht vor der Vogelgrippe, aber es werden damit problematische Doppelinfektionen vermieden.