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Durchfall in der Schwangerschaft behandeln

Durchfall (Diarrhoe) kann für Schwangere sehr belastend sein. Ausgelöst durch verschiedene Ursachen, wie einen Magen-Darm-Infekt oder eine Lebensmittelvergiftung, treten die Beschwerden meist plötzlich und in Kombination mit weiteren Symptomen auf.
Vor allem die Dauer und Intensität der Diarrhoe sollten im Beratungsgespräch erfragt werden, um die Grenzen der Selbstmedikation richtig einzuschätzen.
Schwangerschaft: Flüssigkeits- und Elektrolytverlust problematisch
Treten mindestens drei flüssige Stuhlentleerungen pro Tag auf und ist die Beschaffenheit dünnflüssig und voluminös, spricht man von Durchfall. Dabei handelt es sich viel mehr um ein Symptom als um eine eigenständige Erkrankung, weshalb die Frage nach der Ursache immer gestellt werden sollte.
Auch wenn eine Diarrhoe häufig innerhalb weniger Tage von selbst ausheilt, sollten Schwangere aufgrund der Gefahr eines Flüssigkeitsmangels und einer Elektrolytverschiebung immer an einen Arzt verwiesen werden.
Das gilt insbesondere dann, wenn weitere Beschwerden festgestellt werden, wie
- Übelkeit und Erbrechen,
- Fieber,
- Blut im Stuhl,
- Kreislaufbeschwerden,
- Koliken und Schmerzen im Bauchbereich sowie
- Gewichtsverlust.
Ein starker Flüssigkeits- und Elektrolytmangel kann die Versorgung des Embryos beeinflussen und im schlimmsten Fall auch Wehen auslösen. Eine rehydrierende Therapie sollte aus diesem Grund immer und schnellstmöglich erfolgen.
Gut zu wissen: Durchfall zählt nicht zu den typischen Schwangerschaftsbeschwerden
Während einer Schwangerschaft kommt es zu zahlreichen Veränderungen im weiblichen Körper. Durch die wachsende Gebärmutter und die Hormonumstellungen wird der Darm im Verlauf etwas träger, weshalb es häufig zu Obstipation kommen kann.
Durchfall gehört nicht zu den klassischen Schwangerschaftsbeschwerden. Daher sind die Symptome immer ernst zunehmen und es sollte nach einem möglichen Auslöser gesucht werden.
Ein Sonderfall stellt die Zeit unmittelbar vor der Geburt da: Hier kann Durchfall ein Anzeichen dafür sein, dass die Geburt kurz bevorsteht.
Durchfall in der Schwangerschaft: Flüssigkeitsverlust ausgleichen
Mittel der ersten Wahl bei Diarrhoe in der Schwangerschaft ist eine gezielte Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution. Dafür eignen sich Elektrolyte in Pulverform (z. B. Elotrans®, Oralpädon®, Saltadol®, diarrhœsan® elektrolyt), die eine optimal aufeinander abgestimmte Menge an Glucose, Natriumchlorid, Kaliumchlorid und Natriumcitrat enthalten.
Das Pulver wird in abgekochtem und abgekühltem Wasser oder Tee aufgelöst und je nach Intensität des Durchfalls mehrmals über den Tag verteilt getrunken.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt allen Erwachsenen bzw. Schwangeren, die kein Elektrolytpulver zur Hand haben, eine Trinklösung mit folgendem Mischverhältnis:
- 4 TL Zucker,
- 3/4 TL Salz,
- 1 Tasse Orangensaft oder zwei zerdrückte Bananen und
- 1 Liter Wasser.
Sollte aufgrund von Übelkeit die Einnahme der Elektrolytlösung nur schwer möglich sein, kann diese auch kühlschrankkalt über einen Löffel portionsweise verzehrt werden.
Diarrhoe in der Schwangerschaft behandeln
Um Durchfall zu behandeln, können Schwangere auf flüssigkeitsbindende Stoffe zurückgreifen. Geeignet ist medizinische Kohle (z. B. Kohle-Compretten®, Kohle Hevert), die aufgrund ihrer großen Oberfläche überschüssige Flüssigkeit im Darm und Bakterientoxine bindet. Die Tabletten können in allen Phasen der Schwangerschaft mehrmals täglich mit einer großen Menge Flüssigkeit eingenommen werden.
Pflanzliche Quellstoffe beruhen auf einem ähnlichen Wirkprinzip und werden vor allem bei leichten Beschwerden in der Schwangerschaft eingesetzt. Geeignet ist Apfelpektin (z. B. Aplona®, diarrhœsan® Saft + Kamillenextrakt), ein präbiotischer Inhaltsstoff des Apfels, der Flüssigkeit im Darm bindet und Durchfall auf natürliche Weise entgegenwirkt.
Außerdem können quellende Ballaststoffe wie Flohsamenschalen (z. B. Mucofalk®, Salus Bio Flohsamenschalen indisch) oder Leinsamen (z. B. von Bombastus oder Aurica) in den Speiseplan integriert werden.
Gut zu wissen: Einnahmeabstand zu anderen Arzneimitteln beachten
Die genannten Produkte sollten aufgrund der aufsaugenden Eigenschaften im Rahmen einer Durchfall-Behandlung immer mit einem Mindestabstand von circa zwei Stunden zur Einnahme anderer Arzneimittel eingenommen werden. In einigen Fällen kann es zur Bindung bestimmter Inhaltsstoffe führen, was deren Wirkung beeinträchtigen kann.
Außerdem: Auch Durchfall selbst kann aufgrund der beschleunigten Darmpassage dazu führen, dass Arzneimittel nicht vollständig aufgenommen werden.
Diarrhoe: Gerbstoffe bei milden Symptomen sinnvoll
Die Einnahme von Gerbstoffen wirkt der gesteigerten Flüssigkeitsabgabe im Darm entgegen, wodurch Durchfall reduziert wird. Gerbstoffe spielen aufgrund ihrer eher geringen Wirkung eine untergeordnete Rolle, können aber nach Arztrücksprache ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel eingenommen werden.
Zu den sekretionshemmenden Gerbstoffen gehören beispielsweise Tannine (z. B. Tannacomp®, Tannalbin®) oder getrocknete Heidelbeeren (z. B. von Sonnentor oder Bombastus), die auch als Tee zubereitet werden können.
Probiotika bei Durchfall: Datenlage noch zu dünn
Es gibt Bakterienstämme, die als Arzneimittel zugelassen sind und zur Behandlung von Durchfall eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise der E. coli Stamm Nissle 1917 (Mutaflor®) und die Trockenhefe Saccharomyces boulardii (Perenterol®).
Da es sich bei beiden Vertretern um Mikroorganismen handelt, die natürlicherweise im Darm vorkommen und als Lebensmittel im Umlauf sind, ergeben sich bisher keine Hinweise auf mögliche Risiken für eine Anwendung innerhalb der Schwangerschaft. Dennoch mangelt es an klinischen Daten, weshalb die Einnahme in der Schwangerschaft nicht empfohlen wird.
Loperamid bei Schwangeren nur nach Arztrücksprache
Der Wirkstoff Loperamid wirkt direkt an der Darmwand und sorgt für eine reduzierte Muskeltätigkeit, die den Weitertransport des Stuhls verlangsamt. Der Wirkstoff kann deshalb zur symptomatischen Behandlung von Durchfall eingesetzt werden und zeigt eine schnelle Wirkung.
Die Anwendung im ersten Schwangerschaftsdrittel wurde laut dem Portal embryotox an knapp 800 Schwangeren untersucht. Daraus konnten sich keine Hinweise auf fruchtschädigende Effekte ableiten lassen, wobei ein minimal erhöhtes Risiko für Fehlbildungen im Raum steht. Die Anwendung ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel könnte zu einem leicht reduzierten Geburtsgewicht führen. Zusätzlich sind die Erfahrungen in Bezug auf eine Dauertherapie in der Schwangerschaft begrenzt.
Loperamid sollte aus diesen Gründen nicht im Rahmen der Selbstmedikation an Schwangere abgegeben werden. In schweren Fällen und wenn Durchfall trotz anderer Maßnahmen nach drei Tagen nicht verschwunden ist, kann Loperamid in Absprache mit dem Arzt kurzzeitig in Erwägung gezogen werden. Eine längere Anwendung sollte dann immer mittels Ultraschalluntersuchung in der gynäkologischen Praxis überwacht werden.
Bei Durchfall: Schonkost und Teemischungen empfehlenswert
Bei Durchfall eignen sich Lebensmittel, die „stopfend“ wirken und zusätzlich den Magen-Darm-Trakt beruhigen. Die Kombination eignet sich vor allem für Schwangere, die gleichzeitig unter Übelkeit oder Erbrechen leiden.
Geeignet sind zerdrückte Bananen, geriebene Äpfel, Möhren und Heidelbeeren mit Porridge oder Zwieback. Schwer verdauliche Lebensmittel, die fett- oder eiweißreich sind, sollten bei Durchfall vermieden werden.
Eine Teemischung aus Anis-, Fenchel- und Kümmelsamen mit Kamillienblüten kann zur Behandlung von Durchfall in der Schwangerschaft angewendet werden. Quellen:
- https://www.embryotox.de/arzneimittel/details/ansicht/medikament/loperamid
- https://www.swissmom.ch/de/schwangerschaft/beschwerden-von-a-z/durchfall-9970
- Lennecke, Hagen, Selbstmedikation für die Kitteltasche, Leitlinien zur pharmazeutischen Beratung, 7. Auflage, 2021, Deutscher Apotheker VerlagAbhau A,
- Selbstmedikation in Schwangerschaft und Stillzeit - Handbuch für die Beratung, Deutscher Apotheker Verlag, 2021, 1. Auflage