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Was sollten Krebspatienten essen?

Krebspatientin mit Kopftuch steht in Küche mit Tasse in der Hand
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist auch für Krebspatienten wichtig. | Bild: Pixel-Shot / AdobeStock

Mit der Ernährungspraxis onkologischer Patienten hat sich die europäische ESPEN Leitlinie „clinical nutrition in cancer“ von 2021 befasst. Diese entstand unter Mitarbeit der Universitäten Hohenheim und Freiburg. 

Die Leitlinie gibt gute Anhaltspunkte auch für eine Beratung in der Apotheke. Was kann pharmazeutisches Fachpersonal Krebserkrankten empfehlen?

Bei Krebs: Viele Proteine und Nährstoffe decken

Die Energiezufuhr für Krebspatienten sollte, wie bei Gesunden, zwischen 25 und 30 kcal pro kg Körpergewicht pro Tag liegen. Um Muskelabbau vorzubeugen, sind reichlich Proteine vonnöten: 1 bis 1,5 g pro kg Körpergewicht pro Tag Eiweiß können mit Lebensmitteln wie Fisch, (weißem) Fleisch, Eiern, Linsen oder Kichererbsen erreicht werden. Auch eiweißreiche Shakes helfen, den Bedarf zu decken.  

Mikronährstoffe, wie Vitamine oder Mineralstoffe, sollten nach Zufuhrempfehlung oder bei bestehendem Mangel supplementiert werden. In der Leitlinie wird darauf hingewiesen, dass keine hoch dosierten Supplemente eingenommen werden sollten, außer wenn ein nachgewiesener Mangel vorliegt.

Ernährung bei Krebs wie bei Gesunden

Alle Krebserkrankten sollten von geschultem Personal auf ihren Ernährungsstatus untersucht werden, damit Mangelernährung vorgebeugt werden kann.

Hat der Patient bereits abgenommen oder fällt durch ein Ernährungsscreening zum Beispiel eine niedrige Muskelmasse auf, sollte ein Ernährungstagebuch geführt und ausgewertet werden, bei dem auch Beschwerden abgefragt werden. Körperliche Fitness und Entzündungsparameter geben Auskunft über den Allgemeinzustand. 

Verliert ein Krebspatient mit Insulin-Resistenz an Gewicht, sollte der Anteil von Fett in der Nahrung erhöht werden (und der von Kohlenhydraten gesenkt), damit die glykämische Last sinkt. Außerdem sollten dann energiedichte Lebensmittel (z. B. Nüsse und Saaten, Käse und fett- bzw. ölhaltige Nahrungsmittel) bevorzugt werden.

Im Allgemeinen gelten für Krebserkrankte dieselben Ernährungsempfehlungen wie für Gesunde: eine pflanzenbasierte, ballaststoffreiche Mischkost, die vor allem unverarbeitete, frische Lebensmittel beinhaltet und viel Gemüse, Vollkornprodukte, Pflanzenöle, Hülsenfrüchte und Nüsse inkludiert. 

Die mediterrane Ernährung gilt als „Goldstandard der Ernährungsweisen“ und konnte bei einigen Tumorentitäten in der Sekundärprophylaxe positive Effekte zeigen.

Hilfe gegen Mangelernährung bei Krebspatienten

Trockener Mund, Appetitlosigkeit, Übelkeit, schnell eintretendes Sättigungsgefühl oder Schluckschwierigkeiten – diese Beschwerden, die durch eine Tumorerkrankung oder die Therapie hervorgerufen werden können, beeinflussen den Ernährungsstatus und sollten behandelt werden, wie es in der europäischen Leitlinie heißt. 

Soweit möglich, sollten die Patienten körperlich aktiv werden bzw. bleiben, damit Muskeln bestehen bleiben.

In der Leitlinie werden folgende Arzneimittel und Supplemente erwähnt, die gegen Mangelernährung von Krebserkrankten eingesetzt werden können:

  • Corticosteroide können den Appetit bei anorektischen Krebserkrankten verbessern, die sich in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium befinden. Der Einsatz sollte nicht länger als 1 bis 3 Wochen dauern, damit keine unerwünschten Wirkungen auftreten (wie zum Beispiel Insulin-Resistenz oder erhöhte Infektanfälligkeit).
  • Progestine, das sind Analoga von Gestagenen, können bei anorektischen Krebserkrankten in fortgeschrittenem Krankheitsstadium eingesetzt werden. Als Nebenwirkung können Thromboembolien auftreten, wie die Leitlinie beschreibt.
  • Patienten und Patientinnen, die sich in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium befinden, eine Chemotherapie durchlaufen und bei denen ein Risiko für Mangelernährung besteht, wird empfohlen, langkettige Omega-3-Fettsäuren oder Fischölkapseln zu supplementieren. Die Autoren der Leitlinie sehen es als ausreichend bewiesen an, dass solche Präparate den Appetit verbessern, die Nahrungszufuhr erhöhen und die fettfreie Körpermasse verbessern.
  • Einige Krebserkrankte leiden unter Verstopfung. Wird diese behandelt, berichten einige Patienten von früher einsetzendem Sättigungsgefühl. Die Leitlinie empfiehlt dann den Einsatz von Prokinetika, die die Vorwärtsbewegung des Bolus (ein Bissen fester Nahrung, der im Mund zerkleinert und für den Schluckvorgang und Weitertransport durch die Speiseröhre vorbereitet wurde) begünstigen. Auch hier gilt es, Nebenwirkungen im Blick zu haben: Metoclopramid kann Nebenwirkungen des zentralen Nervensystems auslösen und Domperidon kann Herzrhythmusstörungen verursachen, erinnert die Leitlinie.

Für andere Arzneimittel sieht die Leitlinie eine ungenügende Datenlage oder Effektivität: Aminosäuren oder deren Metabolite, nichtsteroidale Antirheumatika, Cannabinoide oder androgene Steroide werden nicht empfohlen, um Mangelernährung von Krebserkrankten vorzubeugen oder zu behandeln.